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weder väterliche Milde noch finstere Strenge es vermocht, Luther zum
Widerruf zu bestimmen; da wollte man ihn durch Gewalt dazu ver¬
anlassen. Es verbreitete sich das Gerücht, man trachte ihm nach dem
Leben. Deshalb entfloh er mit Hilfe einiger Freunde unter dem
Schutze der Nacht aus Augsburg und kani unversehrt nach Wittenberg,
wo über seine Ankunft große Freude herrschte. Kardinal Cajetan ver¬
langte nun vom Kurfürsten Friedrich dem Weisen Luthers Auslieferung,
die derselbe jedoch standhaft verweigerte; er schrieb dem Kardinal, „die
Gerechtigkeit verbiete ihm, vor erwiesener Schuld zu strafen; auch dürfe
er seine neue Universität nicht ihrer glänzendsten Zierde berauben". Der
Papst entsandte jetzt seinen Kammerherrn Karl v. Miltitz nach Sachsen,
um den Religionsstreit beizulegen. In einer Unterredung zu Altenburg
versprach Luther zu schweigen, wenn auch seine Gegner schweigen würden.
Als indessen Dr. Johann Eck, Lehrer an der Universität Ingolstadt in
Bayern, ein sehr gelehrter und in den Schriften der Kirchenväter vor¬
züglich bewanderter Mann, auftrat, um den Ablaß zu verteidigen und
zu beweisen, daß der Papst der Stellvertreter Christi sei, da hielt auch
Luther sich nicht mehr für verpflichtet, fein Versprechen zu halten. Dr.
Eck forderte einen der eifrigsten Anhänger Luthers, Karlstadt, zu einem
gelehrten Wettstreite in Leipzig ans. Durch diese Disputation, an der
sich auch Luther beteiligte, wurden die Gegensätze nur noch mehr ver¬
schärft. Dr. Eck reiste im hellen Zorn nach Rom.
Luther im Bann. — Der Papst sprach nun über Luther den
Bannfluch aus (1520). Da zog der unerschrockene Kämpfer am
10. Dezember 1520 mit den Professoren und den Studenten der Uni¬
versität Wittenberg vor das Elsterthor, ließ ein Feuer anzünden und
übergab die päpstliche Bannbulle, wodurch er seines Amtes entsetzt und
für einen Verdammten erklärt worden war, den Flammen. Durch diesen
Schritt sagte sich Luther für immer von der Herrschaft des Papstes und
der katholischen Kirche los.
Luther auf dem Reichstage zu Worms. Im Frühlinge des Jahres
1521 kam Karl V., der 1519 zum deutschen Kaiser gewählt worden
war, zum erstenmale nach Deutschland, um zu Worms einen großen
Reichstag abzuhalten, auf welchem neben vielen Reichsangelegenheiten auch
die kirchlichen Streitigkeiten geschlichtet werden sollten. Vor diesen Reichs¬
tag, der einer der größten und glänzendsten war, die je gehalten worden
sind, wurde auch Luther geladen, um sich wegen seines Verhaltens zu
rechtfertigen. Sein fürstlicher Freund und Beschützer, Kurfürst Friedrich
der Weise von Sachsen, hatte es durchgesetzt, daß ihm freies kaiserliches