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entgegenstellen. Beim Anblicke dieses Häufleins kannte der Übermut der
Franzosen keine Grenzen. Sie umstellten die kleine Preußenschar und meinten,
es würde leicht sein, sie zu fangen. Nur eine Sorge hatten sie, Friedrich
möge ihnen entwischen. Sie marschierten daher an den Hügeln, auf denen er
lagerte, ganz eilig vorüber, um ihm den Rückzug abzuschneiden. Als auch das
gelang, sandte Soubise zwei Eilboten nach Paris mit der Nachricht, daß er
den Markgrafen von Brandenburg bald als Gefangenen schicken werde. In¬
zwischen blieb Friedrich ruhig in seinem Lager; noch um Mittag standen die
Zelte unbeweglich; die Soldaten kochten ihr Mittagessen, und der König setzte
sich mit seinen Generalen zur Tafel, als ob es gar feinen Feind in der Welt
gäbe. Die Franzosen waren entzückt, daß er so in die Falle ging. Plötzlich,
um 2 Uhr nachmittags, werden die Lagerzelte abgebrochen; in säum einer
halben Stunde steht das Heer in Schlachtordnung. Noch ehe die Franzosen
sich von ihrem Staunen über die blitzschnelle Veränderung int preußischen
Lager erholt haben, bricht Seydlitz, der sich bisher in einem Hohlwege ver¬
borgen gehalten, an der Spitze der Reiterei wie ein Sturmwind unter die
französischen Reiter und jagt sie in die Flucht; von einem Hügel donnern
die preußischen Kanonen, und auch die Infanterie geht im Sturmschritte vor
und jagt durch ihr Schnellfeuer das französische Fußvolk in wilde Flucht.
Auf den verwirrten Knäuel, der sich rückwärts wälzt, stößt Seydlitz mit seinen
Reitern und macht die Niederlage vollständig. Bald kommt die ganze Armee
in wildes Lausen; ein Schrecken ohnegleichen ist über die hochmütigen Franzosen
gekommen; sie lassen ihre reichen Zelte im Stiche, werfen Hüte, Tornister,
Stiefel und Flinten von sich, welche wie gesäet das Schlachtfeld bedecken, und
fliehen in Sturmeseile die ganze Nacht hindurch über die einzige Brücke der
Unstrut und weiter. Prinz Soubise wird nur durch die Schnelligkeit seines
Pferdes gerettet. Die Reichsarmee war gleich zu Anfang des Kampfes so
eilig davongelaufen, daß ihr Name spottiveise in „Reißausarmee" ver¬
wandelt wurde. Die meisten Soldateu derselben gingen in ihre Heimat zurück
und beteiligten sich fortan nicht mehr am Kriege. Von den flüchtenden Fran¬
zosen waren die meisten ohne Waffen, viele ohne Kopfbedeckung; nicht wenige
Retter liefen in Strümpfen; keine einzige Fahne war mehr zu sehen. Erst
am Rheine machten sie Halt. Der Tag von Roßbach hatte den Preußen nur
165 Tote und 376 Verwundete gekostet; er war der herrlichste Ehrentag
Preußens, ja Deutschlands, das seit Jahrhunderten durch die Franzosen so
Schweres erduldet hatte. Dabei wareu nur 7 preußische Bataillone Infanterie
im Feuer gewesen, 10 aber hatten keinen Schuß gethan.
Als die Preußen nach der Schlacht das verlassene französische Lager aufsuchten,
gab es noch mancherlei Gelegenheit zu Spott und Lachen. ' Sie fanden nämlich, was man
kaum in einem Kriegslager suchen würde: Frisiermäntel, Puderbüchsen, Schminkdosen,
Frauenkleider, Spitzen n. dgl. Die Franzosen hatten ja den Krieg gegen Friedrich als
eine „Vergnügungsreise nach Berlin" betrachtet und zu derselben auch iljre Frauen mit¬
genommen. Die mußten nun freilich mit nach dem Rheine zurück, ohne Berlin gesehen
zu haben. Selbst Friedrichs Feinde freuten sich, daß die prahlerischen Franzosen sich so
lächerlich gemacht hatten. Ganz Deutschland jubelte damals:
„Und wenn der große Friedrich kommt und klopft nur auf die Hosen,
so läuft die ganze Reichsarmee, Panduren und Franzosen."
ä. Leuthen. Friedrich konnte sich jedoch nicht lange der Siegesfreude
hingeben; denn während er Sachsen rettete, ging ihm Schlesien verloren. Die
Kornrumpf, Geschichtsbilder für Preußen. 10