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allerlei Possen. Friedrich störte sie nie in ihrer Freude; nur wenn sie sein Pferd necften,
daß es scheu ward, stieß er wohl einige Drohungen aus und ritt dann ruhig weiter.
Als es die Buben einst zu arg trieben, erhob er seinen Krückstock und gebot ihnen drohend,
in die Schule zu gehen. Diese aber riesen ihm jubelnd zu: „Ach, der will König sein
nnd weiß nicht einmal, daß Mittwoch nachmittags seine Schule ist."
Friedrich litt im Alter schwer an Gicht. Als er mit der rechten Hand
nicht mehr schreiben konnte, lernte er das Schreiben mit der linken. Zu der
Gicht kam später noch die Wassersucht hinzu. Liegen konnte er in den letzten
Monaten überhaupt nicht mehr, er mußte Tag und Nacht sitzend auf dem
Stuhle zubringen. Trotzdem besorgte er noch alle Regierungsgeschäfte bis zum
Tage vor seinem Tode; sein Todestag war der erste Rasttag seines Lebens.
„Daß ich lebe, ist nicht nötig, wohl aber, daß ich thätig bin!" war sein Wort.
In feinen letzten Lebensjahren sprach er zu seinen Räten: „Mein Leben ist
auf der Neige; darum muß ich die Zeit, die ich noch habe, benutzen; denn sie
gehört nicht mir, sondern dem Staate." Am 17. August 1786 brach das
gewaltige Auge. In seinem geliebten Sanssouci ist er verschieden und in der
Garnisonkirche zu Potsdam begraben. Wohin die Kunde seines Todes kam,
da erfüllte wahre Trauer die Herzen des Volkes, so daß ein schwäbisches
Bäuerlein ausrief: „Wer soll nun die Welt regieren?" Sein Testament er¬
zählte dem preußischen Volke noch einmal von der Liebe des Königs zu seinem
Lande. Es heißt darin:
„Seitdem ich zur Regierung gelangt bin, habe ich mich mit allen Kräften bestrebt,
den Staat glücklich und blühend zu machen. Ich habe Gesetz und Gerechtigkeit herrschen
lassen; ich habe Ordnung und Pünktlichfeit in die Finanzen gebracht; ich habe in die
Armee jene Mannszucht eingeführt, wodurch sie vor allen übrigen Truppen Europas
den Vorrang erhalten hat. — Meine letzten Wünsche in dem Augenblicke, wo ich den
letzten Hauch von mir gebe, werden der Wohlfahrt meines Reiches gelten. Möge es
stets mit Gerechtigfeit, Weisheit und Nachdruck regiert werden. O, möge es in höchster
Blute fortdauern bis an das Ende der Zeiten!"
Friedrich hinterließ seinem Nachfolger ein Land von 3600 Quadratmeilen
mit 6 Millionen Einwohnern, ein Heer von 200000 Mann und einen Staats¬
schatz von 150 Millionen Mark. Während feiner Regierung wurde durch den
Amerikaner Benjamin Franklin der Blitzableiter (1752), durch den Engländer
James Watt die Dampfmaschine (1765) und durch den Franzosen Mont-
golsier der Luftballon (1783) erfunden.
D. Friedrich Wilhelm II. 1786—1797.
Wahlfpruch: „Aufrichtig und standhaft."
Es war feine leichte Aufgabe, der Nachfolger Friedrichs des Großen zu
fein. Nur ein ausgezeichneter Regent konnte die großen Errungenschaften
Friedrichs bewahren und mehren. Friedrich II. hinterließ keine Kinder. Daher
bestieg fein Neffe Friedrich Wilhelm, ber Sohn feines schon 1758 ver¬
storbenen Brubers August Wilhelm, ben Thron. Er war 1744 geboren. Da
er schon im Alter von 14 Jahren ben Vater verlor, so fehlte feiner Erziehung
bie väterliche Strenge, bie Friebrich II. in feiner Jngenb erfahren hatte. Daher
würbe er weichlich, neigte sehr zu Genüssen aller Art, vermochte nicht, sich
selbst zu beherrschen, unb räumte anberen, auch schlechten Menschen, einen oft
bebenklichen Einfluß auf sich ein. Es fehlte ihm also die Festigkeit des Willens