134 
Drittes Hauptstück. 
den der Minister gerechnet hatte, blieb aus. Die Erbitterung, welche die 
verkehrte Richtung der Verwaltung erregte, war zu tief in die Gemüther ge¬ 
drungen; der Entschluß, das verhaßte Joch der Priester-herrschaft abzuwerfen, wal¬ 
zn fest gefaßt, als daß irgend ein noch so erfreuliches Ereigniß ihn hätte er¬ 
schüttern können. Die Siegesbotschaft von Navarino ging in dem Toben 
des Parteikampfes, der alle geistige und sittliche Kräfte der Nation ausschlie߬ 
lich in Anspruch nahm, beinahe unbeachtet vorüber. SMIlesc selbst war es 
mit den amtlichen Freudenbezeugnngcu, die er anordnete, nicht einmal Ernst 
gewesen. Sein Scharfblick konnte -sich die Verlegenheiten nicht verbergen, 
welche die Schlacht von Navarino in den auswärtigen Beziehungen dcö 
Landes zur Folge haben mußte. Wie über die Angelegenheiten der pyrcnäi- 
schcn Halbinsel, so hatte er auch über die Verwickelungen des Orientes sich 
mit dem großen Staatsmanne verständigt, der im Sommer d. I. 1827 noch 
mit den letzten Strahlen seines erlöschenden Geistes die Geschicke des britti- 
schen Insclreiches leitete. Der Vertrag vom 6. Juli, das schönste Ver- 
mächtniß, welches Canning seinem Vatcrlande und der Welt hinterließ, war 
allerdings darauf berechnet, das erliegende, nur noch mit schwachen Kräften 
seinen Unterdrückern widerstehende Volk der Griechen vom Untergänge zu er¬ 
retten. Aber dieser Zweck sollte durch eine friedliche Dazwischenkunft erreicht 
werden, indem man voraussetzte, daß die Türken vor dem Anblicke über¬ 
legener europäischer Streitkräfte sich von selbst zurückziehen würden, ohne 
einen Versuch des Widerstandes zu wagen. Villsle so wenig als Eanning 
hielt auch nur die Möglichkeit für denkbar, daß die Aufstellung der vereinig¬ 
ten Flotten im Archipel zu der Vernichtung der türkischen Seemacht führen 
könnte; denn beide Staatsmänner waren gleich weit davon entfernt, die 
Schwächung eines Reiches zu wünschen, welches ungeachtet seines tiefen 
Verfalles und ungeachtet seiner eigenen heillosen Barbarei für das gesittete 
Europa eine unentbehrliche Schntzwchr gegen das Andringen eines ungleich 
gefährlichern Barbarenthnms war. Dieselbe Ansicht herrschte in allen euro¬ 
päischen Kabinetten, die Einsicht genug besaßen, um sich die allgemeine Lage 
des Wcltthciles zu vergegenwärtigen; und während die Völker, welche die 
Dinge nicht von dem politischen, sondern von dem menschlichen Standpunkte 
beurtheilen, in lautem Jubel aufjauchzten, daß der Bann, der die Wiege 
europäischer Gesittung in den Fesseln der unwürdigsten und schmachvollsten 
Knechtschaft hielt, endlich gebrochen sey, legten die Züge der Diplomaten
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.