Full text: Neuntes Schuljahr (B)

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Wahrhaftig, Pastor Barthels kommt nun auch noch, aus der Sa¬ 
kristei, im Talar. 
Der Respekt vorm Pastor im Talar bringt die alten Pinselers end¬ 
lich auf die Beine. 
Hinter dem Pastor tritt Kantor Konring, feierlich langsam, mit 
triumphierenden Blicken, aus der Sakristei. Den Fritz führt er an 
der einen Hand und die schöne, junge Frau an der andern. 
„Da, Pinselers, habt ihr euern Jungen wieder und eine Tochter 
daneben. Ich kenn' den Fritz, ich wußte, daß er euch keine Schande 
machen würde. So nehmt nun endlich Vernunft an, Meister, der 
liebe Gott hat alles zum Guten gefügt. Geht heim und feiert in 
Frieden zusammen Weihnachten. In Frieden! In Diebe!“ 
Karl Soelile. 
7. pankraz der Zchmoller. 
(Gekürzt.) 
1. Auf einem stillen Seitenplätzchen, nahe an der Stadtmauer, lebte 
die Witwe eines Seldwylers, der schon lange fertig geworden und unter 
dem Boden lag. 
Er hinterließ seiner Witwe ein kleines, baufälliges Häuschen, einen Kar¬ 
toffelacker vor dem Tore und zwei Kinder, einen Sohn und eine Tochter. 
Mit dem Spinnrocken verdiente sie Milch und Butter, um die Kartoffeln 
zu kochen, die sie pflanzte, und ein kleines Witwengehalt, den der Armen¬ 
pfleger jährlich auszahlte, nachdem er ihn jedesmal einige Wochen über 
den Termin hinaus in seinem Geschäfte benutzt, reichte gerade zu dem 
Kleiderbedarf und einigen andern kleinen Ausgaben hin. 
Besagte Kinder aber zeigten verschiedene Eigenschaften. Der Sohn 
war ein unansehnlicher Knabe von vierzehn Jahren, mit grauen Augen 
und ernsthaften Eesichtszügen, welcher des Morgens lange im Bette lag, 
dann ein wenig in einem zerrissenen Geschichts- und Ceographiebuche las 
und alle Abend, Sommers wie Winters, auf den Berg lief, um dem Sonnen¬ 
untergange beizuwohnen, welches die einzige, glänzende und pomphafte 
Begebenheit war, welche sich für ihn zutrug Sie schien für ihn etwa das 
zu sein, was für die Kaufleute der Mittag auf der Börse; wenigstens kam 
er mit ebenso abwechselnder Stimmung von diesem Vorgang zurück, und 
wenn es recht rotes und gelbes Gewölk gegeben, welches gleich großen 
Schlachtheeren in Blut und Feuer gestanden und majestätisch manövriert 
hatte, so war er eigentlich vergnügt zu nennen. 
Dann und wann, jedoch nur selten, beschrieb er ein Blatt Papier mit 
seltsamen Listen und Zahlen, welches er dann zu einem kleinen Bündel 
legte, das durch ein Endchen alte Goldtresse zusammengehalten wurde. 
In diesem Bündelchen stak hauptsächlich ein kleines Heft, aus einem zu-
	        
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