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stolz im Glück, mutlos und verzagt im Unglück, vollendete die Er¬
niedrigung des Königtums, indem er den Fürsten selbst die Herrschaft
des Reiches zu übergeben versprach, wenn man ihm nur die Krone
lassen wollte.
Aber die Fürsten ließen ihren König ohne bestimmte Antwort;
sie verlangten nur, daß er sich dem Machtspruche des Papstes unter¬
werfen und sich in Jahresfrist vom Banne lösen sollte. Sie wollten
dann Gregor bitten, eine Reichssynode abzuhalten. Andernfalls wollten
sie eine« neuen König wählen.
Heinrich unterschrieb zwar schmähliche Forderungen und lebte
mit seiner treuen Gemahlin Bertha zu Speyer so zurückgezogen, als
erwarte er nur einen Richterspruch; aber er sann auf Mittel, den
Fürsten durch Versöhnung mit dem Papste zuvorzukommen. Obgleich
Gregor sich weigerte, Heinrich vor dem geplanten Fürstentage zu
Augsburg zu sehen, zog dieser doch mit seiner Gemahlin, seinem drei¬
jährigen Söhnchen und einem Diener unter den furchtbarsten Be¬
schwerden des Winters über die Alpen. Die Königin mußte selbst auf
Rinderhäuten über die Eisfelder hingeschleift werden, und die Schnee-
massen verlegten oft die Pässe, bis der einfache Königszug endlich in
Susa ankam, wo Markgräfin Adelheid, die Mutter der Königin, die
Reisenden aufnahm.
Kaum hatten die mit dem Papst unzufriedenen italienischen Fürsten
Heinrichs Ankunft erfahren, als sie herbeieilten, um ihre Hülfe anzu¬
bieten, und es hätte nur des königlichen Wortes bedurft, um ein
mächtiges Heer zusammen zu bringen. Aber Heinrich sprach es nicht;
er wollte vor allen Dingen nur den Bann zurückgenommen haben, der
ihn im eignen Lande vernichtete und dort seinen Gegnern die Möglichkeit
einer neuen Königswahl ließ.
Gregor, der zunächst nicht wußte, ob Heinrich ihm mit Heeres-
macht entgegenkam oder als Büßender, war von Rom aus über
Florenz nach Canossa, in das feste Schloß seiner fürstlichen Freundin,
Markgräfin Mathilde von Toskana und Lothringen, geeilt, welche mit
König Heinrich verwandt war. Als aber der Papst erfuhr, wie so gar
demütig Heinrich IV. eine Unterredung mit ihm begehrte, verweigerte
er sie zunächst, und als er endlich nachgab, war es nur unter der Be¬
dingung, daß König Heinrich im Büßergewande vor ihm erscheine und
ihm die Königskrone mit dem Bekenntnis übergeben sollte, daß er
ihrer unwürdig sei.