Volk allmälig nicht mehr waffenfähig; der Bauer durfte endlich feine
Waffen mehr tragen. Brach ein Krieg aus, dann entbot der König
seine großen Vasallen, diese ihre Lehnsleute, die sogenannten Ministe¬
rialen und alle zusammen bildeten mit ihrem zahlreichen Dienstvolke
das Reichsheer.
Glücklicherweise gab es nicht immer Krieg; aber die Ritter, nur
aus den Vornehmen des Volks, dem Adel bestehend, bildeten allmälig
einen besonderen Stand, dessen Bildungsschule die Turniere, d. i. Waffen¬
spiele, wurden, welche einen edeln und ernsten Charakter an sich trugen.
Tie Wassenführung wurde kunstgerecht gelernt; der Ritter hatte eine
soldatische Schule durchzumachen. Waffendienst und Rittersitte war
nicht ohne strenge Uebung zu erreichen.
Wehrhaft gemacht, trat der Edelknabe zuerst als Knappe zu treuem
Hofdienst bei seinem Lehnsherrn ein, begleitete ihn als Schildträger
zu Turnier und Krieg, wenn er zuvor seit seinem siebenten Jahre als
Bube ehrfurchtsvollen Umgang mit edlen Frauen und die Anfangsgründe
der Rittertugend geübt hatte. Erst nachdem seine Waffentüchtigkeit
erprobt worden, war, legte er meist nach siebenjähriger Lehrzeit und nach
einem makellosen Leben, nach vorhergegangenem Fasten und Gebet das
Rittergelübde ab: Religion, Wahrheit und Recht zu verteidigen, die
bedrängte Unschuld, Witwen und Waisen zu schützen. Dann erst erhielt
er von einem höher stehenden würdigen Ritter den Ritterschlag oder die
Schwertleite. Auch wurde in älteren Zeiten des Rittertums nur der
zum Turnier zugelassen, welcher einen christlichen Lebenswandel führte.
Es gab Turniergesetze, an welche Kämpfer und Kampfrichter, Turnier¬
vögte, Wappenkönige, Herolde u. s. f. zur Aufrechterhaltung der
Ordnung streng gebunden waren.
Der Turnierplatz war mit Sand bestreut und von Schranken
umgeben, hinter denen das Volk stand und den Ritterkämpfen zuschauen
durfte. Auf hohen Balkönen saßen die Damen neben den vornehmsten
Herren, die sich nicht am Turnier beteiligten, und unter rauschender
Musik eilten die vom Kopf bis zum Fuß in Eisen gepanzerten Ritter
in die Schranken, sobald der Herold die einzelnen Paare aufrief. Wer
die meisten Gegner überwunden hatte, erhielt aus den Händen der
vornehmsten Dame den Dank in Form einer goldenen Kette oder eines
andern Kleinods, auch wohl eines kostbaren Waffenstücks, und saß bei
dein folgenden Festmahle auf dem Ehrenplatz in den Prachtkleidern,
womit die Damen ihn selbst geschmückt hatten. Auch eröffneten die