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Bewußtsein, daß nur in der Einigkeit Kraft sei. Sie wurden sich dem
Römervolke gegenüber ihres edlen Volkstums bewußt und nannten sich
selbst mit dem Namen, den ihnen einst ihre feindlichen, keltischen
Nachbarn gaben, Germanen. Von nun au erscheint das ganze linke
Rheinufer römisch (50 v. Chr.), mich ein Teil des südlichern rechten
Rheinufers als oberes und unteres römisches Kleingermanien. Beson¬
ders nachdem Cäsar ermordet worden (44 v. Chr.) und Augustus als
Herrscher an die Spitze der römischen Republik getreten war, unterschied
römisches Recht und Gerichtswesen, römische Sitten und Gebräuche,
selbst die Sprache der Römer diesen Teil Deutschlands wesentlich von
dem übrigen freien Großgermanien, das sich nach Osten hin ausdehnte.
Auch von Süden her rückten die Römer die Nordgrenze ihres
Reiches bis nach der Donau hin vor (15 v. Chr.), da die Alpenvölker
beständig in Italien, Helvetien und Gallien einfielen. So wurde das
rechte Donauufer noch römisches Gebiet.
Da aber Rom schließlich in dem eigenen Lande genug zu schaffen fand,
auch seine Besitzungen nach Germanien hin nicht zu erweitern trachtete,
belebten sich friedliche Bestrebungen, Handel und Gewerbe, so weit in
jener Zeit davon die Rede bei den Germanen sein kann. Sie lernten
von den Römern, mit denen sie verkehrten; germanische Fürstensöhne
traten in römische Dienste und viele Germanen erlangten nicht nur das
römische Bürgerrecht, sondern auch den Rang von Equites Romani,
von römischen Rittern. Leider wurde auch mancher Germane Römer
an Leib und Seele, und noch niemals blieb solcher Verrat am Volks¬
geiste ungerächt.
3. Erobernngsverjnche der Hörner in Germanien, dessen Befreiung
von römischer Herrschaft.
Nicht umsonst hatten die Römer in einem Zeitraum von kaum
zwei Menschenaltern alle wichtigen Punkte ihres Reiches, die an Ger¬
manien grenzten, alle ihre befestigten Garnisonen durch mächtige Heer¬
straßen verbunden, eine Riesenarbeit, deren Größe noch heute über¬
wältigend erscheint, wenn man die geringen Hülfsmittel ins Auge faßt,
durch welche große Hindernisse zu überwinden waren.
Vindonissa im Lande der Helvetier (Windisch an der Aar) war
der Knotenpunkt, der die Straßen verband, nach Osten die Heerstraße