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Geschick." Wieder saß jetzt ein Romulus mit betn spöttischen Bei¬ 
namen Augustulus (kleiner Angnstns) auf betn römischen Throne, als 
ein germanischer Heerführer, namens Oboaker, an ber Spitze ver- 
schiebener Germanenstämme Italien eroberte, sich zum Heerkönig 
Italiens machte (476) unb ben letzten Scheinkaiser bes weströmischen 
Reiches auf ein Lanbgnt verwies. Germanien über Rom, bas war 
der Sieg langer, wunderbarer Kämpfe einer Völkerwanberung, bie sich 
seit ber ersten Hunnenbewegung gewaltiger barstellte, thatsächlich aber 
seit Jahrtausenben bestauben hatte uub auch in beut nun völligen 
Untergänge bes weströmischen Reiches nicht enbete. Aber aus ber Asche 
des verfallenen Römertums baute sich auf ber Grunblage griechisch- 
römischer Bilbung ein germanisches Staatenwesen auf, bas gleich 
beutschen Eichen langsam, aber sicher emporwuchs. In betn Erstehen 
eines solchen Germanentums unter beut eblen.unb weisen germanischen 
Heerkönig hätte sich Italien Glück wünschen mögen, wenn Oboaker 
nicht wieder einem Mächtigeren hätte weichen müssen. Es war ber 
Ostgothenkönig Theoborich. 
Unter ben germanischen Völkerschaften, bie sich nach Attilas Tobe 
neu gesammelt hatten, thaten sich besonbers bie Ostgothen hervor, bie, 
kriegslustig wie immer, bas oströmische Reich beunruhigten unb 
von biesem Tribut erzwangen, auch wohl Friebensverträge ab¬ 
schlössen, bie aber immer willkürlich gestört würben. ©üblich 
übergab ber tapfere Ostgothenfürst Theobemir seinen eignen Sohn 
Theoborich bem oströmischen Kaiser als Bürgen bes Friebens. Dieser 
würbe in Konstantinopel ehrenvoll als Fürstensohn behanbelt unb ver¬ 
weilte bort, wo griechische Bilbung unb Wissenschaft ihm reiche Be- 
friebigung boten, bis zu seinem achtzehnten Lebensjahre. Er lernte 
die Gegenwart an ber Geschichte vergangener Zeiten messen, unb, was 
die Hauptsache war, er kehrte unverborben, ein Helbenjüngliug an Leib 
unb Seele, zu seinem Volke zurück, bas ihn bei seines Vaters Tob 
einstimmig zum König erwählte. Er war ein Freunb bes oströmischen 
Kaisers geworben, ber sich als Oberhaupt Italiens ansah. Diesem war 
Oboaker in seinem selbstänbigen Auftreten unbequem, unb Theoborich 
war gern bereit, bie Herrschaft bes ihm burch kaiserliche Urkunbe 
geschenkten Italien anzunehmen. 
Der Aufbruch bes gesamten Ostgothenvolks (487) aus seinen bis¬ 
herigen Wohnsitzen in Pannonien (Ungarn, Dalmatien) glich einem 
Auszug ber Kinber Israel aus Aegypten. Männer, Weiber unb
	        
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