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dehnt und rundet sich, wird aber nur langsam größer. Dennoch ermuntert
der Landmann die Arbeiter und treibt sie zur Eile an, flinker schwingen sie
die Garben auf den Erntewagen, der in rascherm Laufe der bergenden Scheune
zueilt. — Es wird auch Zeit, denn jetzt wachs't das Wölkchen erstaunlich schnell,
fast zusehends, — der ganze östliche Himmel ist schon schwarzgrau und immer
noch thürmen sich neue Wetterwolken drauf. — Der Vogel sucht sein Nest, —
die Tauben sammeln sich vor dem Schlage, — der Hund kriecht in seine Hütte, —
die Kuh hebt sich aus dem Grase, streckte den Kopf gegen das aufsteigende
Unwetter und brüllt ängstlich.
Da ertönt ein dumpfes Grollen in der Ferne, als wenn eine Kegelkugel
längs der hohlen Bahn läuft, — die Pferde spitzen die Ohren und stecken
die Köpfe zusammen. — Der Wind erhebt sich, — die Blätter lispeln und
flüstern, — hie und da fällt ein einzelner Regentropfen, abermals grollt es
in der Ferne, aber schon etwas näher, der Wind wird stärker, die Zweige
rauschen und beugen sich, die Tropfen werden größer und schwerer, fallen
immer noch einzeln, — eben ist der letzte Erntewagen beladen und jagt im
vollen Trabe dem Dorfe zu. — Der Wind nimmt zu, Staub wirbelt er in
die Höhe und Blätter treibt er in buntem Tanze vor sich her, die Tropfen
fallen dichter, das Rollen kömmt näher, es wird dunkel, — nun ein Blitz
— noch Stille — dann ein Schlag — das Gewitter ist da.
6. Im Gewitter.
Feurige Blitze erhellen auf Augenblicke mit grellem Schein die dunkle
Wolkennacht, — im Zickzack fahren sie durch die Lust, — nach einer Weile
rollt der Donner hinterher, der Regen wird stärker, die schweren Tropfen
fallen dichter und folgen einander rascher, es strömt und gießt, die Dachtraufen
spritzen große Strahlen auf die Gassen, die Gossen laufen über. Fenster und
Thüren sind geschlossen, kein Schornstein raucht, — kein Thier, kein Mensch,
soweit das Auge reicht, — nur eine Schwalbe flattert ängstlich vor der
verschlossenen Thür, sie hat sich verspätet, keine mitleidige Hand hilft ihr zu
Nest, endlich sucht sie Schutz unter dem Dache.
Immer rascher zucken die Blitze, immer heftiger rollt der Donner, er
folgt fast unmittelbar auf den Blitz, — der Wind braus't in einzelnen Stößen
dazwischen und führt neue Wolken herauf, unaufhörlich strömt der Regen in
großen, dichten Tropfen, fast in senkrechten Strahlen platzt er gegen die Erde,
eö ist, als ob die Wolken brechen. — Da geschieht ein jäher Blitz und fast
gleichzeitig ein fürchterliches Donnerkrachcn, — wenn's nur nicht eingeschlagen
hat! —
Das war aber auch das Schlimmste, es blitzt zwar noch stark, aber
seltener, der Donner folgt nach immer längern Pausen, der Regen fällt weniger
dicht, nur der Wind rauscht noch stark dazwischen, er muß ja die Wetter¬
wagen wieder fortführen, es zeigen sich schon lichte Stellen am Himmel, —
hie und da zeigt sich ein Antlitz am Fenster. Blitz und Donner hören auf,
doch noch einmal verstärkt sich der Regen — er will seine letzte Kraft versuchen
— dann wird'S trocken, hell und still. — Die Wolken verziehen sich, die
Sonne blickt wieder freundlich durch, —Thüren und Fenster öffnen sich, — das
Gewitter ist vorüber.
6. Nach dem Gewitter.
Die Vögel verlassen ihre Nester, hüpfen lustig von Zweig zu Zweig und
zwitschern muntere Melodien, die Bienelein schlüpfen durch Blumen hin, die