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saßt, und diese Sprache ist durch Luthers Schriften schließlich die
deutsche Schriftsprache geworden, indem sie alle andern Mundarten
aus den Druckschriften verdrängt hat. Somit ist Luther nicht nur
der Reformator der Kirche, sondern auch der Reformator unserer
Schriftsprache geworden, und Luthers Gegner müssen in seiner Sprache
reden und schreiben.
Pie Deformation in anderen Ländern.
1. Zwingli und Calvin. Zu derselben Zeit, wo Luther in Sachsen
auftrat, hatte Ulrich Zwingli, ein Pfarrer in Zürich, das Werk der
Reformation in der Schweiz begonnen. Er kämpfte zunächst gegen den
Ablaßkrämer Bernhard Samson, später trat er auch gegen andere
Lehren der katholischen Kirche auf. In den meisten Punkten stimmte
er mit Luther überein, nur nicht in der Lehre vom heiligen Abend¬
mahle. Auf Veranlassung Philipps von Hessen, der beide gern zur
Einigung bringen wollte, fand ein Religionsgespräch zu Marburg statt
(1529). Aber jeder blieb bei seiner Meinung. Luther legte großes
Gewicht auf den Ausdruck: „Das ist mein Leib", während Zwingli
das Abendmahl nur als ein Erinnerungsmahl an den Tod des Herrn
anfah und deshalb setzen wollte: „Das bedeutet meinen Leib!"
Im Kanton Zürich wurde die Reformation im Sinne Zwinglis
durchgeführt; aber die Kantone Schwyz, Uri, Unterwalden, Luzern
und Zug wollten von keiner Neuerung wissen. Schließlich kam es
zum Kampfe zwischen den resormirten und katholischen Kantonen. In
der Schlacht bei Kappel (1531) erlitten die Züricher eine blutige Nieder¬
lage; Zwingli selbst fiel im Kampfe. Beim Friedensschluß einigte
man sich dahin, daß jeder Kanton seine kirchlichen Angelegenheiten
selbst ordnen dürfe. Später wurde das Werk der Reformation in der
Schweiz von Johann Calvin fortgeführt. Aus Frankreich wegen feiner
Lehren gegen die katholische Kirche vertrieben, hatte ihn die Stadt
Genf als Prediger berufen. Er lehrte zwar im Geiste Zwinglis, war
aber nicht so milde und duldsam gegen Andersgläubige wie dieser.
Mit seiner Billigung wurde ein spanischer Arzt Serveto, der die Drei¬
einigkeit geleugnet hatte, in Gens als Ketzer lebendig verbrannt. Er
gab der Kirche, welche man die reformierte nennt, feste Ordnung und
Einrichtungen und führte eine sehr strenge Kirchenzucht ein. Kirchen¬
versäumnis und Trunksucht wurden mit Geldstrafe belegt; wer einmal
nicht zum Abendmahl ging, wurde ein Jahr aus der Stadt verbannt.
Von Genf aus verbreitete sich die reformierte Lehre nach Frank¬
reich, den Niederlanden, nach England, Schottland, Polen, Mähren
und Siebenbürgen.
2. Die Reformation in England und Schottland. In England
regierte damals Heinrich VIII., ein grausamer herrschsüchtiger Fürst.
Anfangs war er gegen Luther aufgetreten, wofür er vom Papste den