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c) Erhebung. Der Landmann verließ den Pflug und eilte zu
den Waffen, der Handwerker seine Werkstatt; aus dem Kausladen,
vom Gelehrtentisch, aus den Schreibstuben und von den Schulbänken
strömten Tausende Freiwilliger zu den Fahnen. „Der König rief,
und alle, alle kamen", ist das bezeichnende Wort jener großen Zeit.
Der Wahlspruch der Krieger lautete: „Mit Gott für König und
Vaterland." Wer nicht die Waffen tragen konnte, suchte aus andere Art
der heiligen Sache des Vaterlandes zu dienen. Der Reiche gab mit vollen
Händen, der Arme, was ihm irgend entbehrlich war. Beamte opferten
ein Drittel, ja die Hälfte ihres Gehaltes; Gesinde und Kinder öffneten
ihre Sparbüchsen. Die Frauen brachten ihre Schmucksachen; selbst die
Trauringe wurden geopfert. Wer einen goldenen Ring gab, erhielt
dafür einen eisernen mit der Inschrift: „Gold gab ich für Eifen 1813."
Aus Westfalen gingen 50 Säbelklingen ein mit der Zuschrift: „Laßt
euch von ihnen freie Bahn bis zum Rhein machen". Ein armes
Fräulein, von Schmettau in Breslau, schnitt sich ihr schönes Haar ab
und brachte den Erlös dem Vaterlande dar. Nie hat sonst ein Volk
solch todesmutige und fromme Begeisterung bewiesen, als 1813 unsere
Väter. Es war ein Volk in Waffen. Man hat berechnet, daß das
Land von je neunzehn Einwohnern, Frauen, Kinder und Greise ein¬
gerechnet, einen zum Freiheitsheere stellte. Alle, glühend in Be¬
geisterung, harrten ungeduldig auf das Zeichen zum Angriff.
d) Die vaterländischen Dichter. Daß die Flamme der Liebe
für König und Vaterland so hell aufleuchtete, und die Begeisterung
für den Befreiungskampf sich so gewaltig steigerte, war zum nicht ge¬
ringen Teile gottbegnadeten Dichtern zu danken, welche die eigene
Begeisterung dem Volke ins Herz sangen. Allen voran steht der
jugendliche Theodor Körner, der mit „Leier und Schwert" die
Krieger begeisterungsvoll zum Kampfe rief. Sein „Frisch auf, mein
Volk, die Flammenzeichen rauchen", weckte selbst die stumpfesten Ge¬
müter auf; und in den übrigen Kriegsliedern wußte er allen Gefühlen
und Empfindungen eines echten braven Kriegers treffenden Ausdruck
zu geben. Leider raffte ihn eine tödliche Kugel schon in der Blüte
der Jahre dahin in dem Gefecht bei Gadebusch (Mecklenburg) am
26. August 1813.
In gleichem Sinne wirkten Ernst Moritz Arndt, Max von
Schenkendors und Friedrich Rückert.
3. Die ersten Schlachten. Napoleon hatte die Erhebung Preußens
vorausgesehen und darum gleich nach seiner Rückkehr ans Rußland
die Ausrüstung eines neuen Heeres in Frankreich angeordnet. Mehr
als 500000 Mann sollten ausgehoben werden. Das war schwer, denn
in Frankreich gab es nicht mehr viel kriegstüchtige junge Männer.
Als die preußische Kriegserklärung eintraf, verkündete er hochmütig:
„Nun soll der preußische Name gelöscht werden aus der Reihe der
Völker." Mit 120000 Mann marschierte er sofort nach Deutschland
rmd nahm feinen Weg auf Leipzig zu. Auf diesem Marsche wurde
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