Full text: Weltgeschichte in Lebensbildern für Mittelschulen, höhere Mädchenschulen und verwandte Anstalten

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einst im Avancement übergangen war, forderte der Hitzkopf gleich 
seinen Abschied. Friedrich schrieb auf das Gesuch: „Der Rittmeister 
von Blücher kann sich zum Teufel scheren." Er wurde Landwirt und 
lebte auf einem Gute in Pommern. Dort wurde er zum Landrat 
gewählt; aber nach Friedrichs des Großen Tod trat er wieder in das 
Heer ein, focht ruhmvoll in den preußischen Kriegen 1792—95 gegen 
Frankreich und wurde General. Nach der Unglücksschlacht bei Jena 
war er es vorzüglich, der die Ehre der preußischen Armee und des 
preußischen Namens rettete. Hätten alle Generale gedacht und ge¬ 
bandelt wie er, so wäre Preußen viel Schmach und Erniedrigung er¬ 
spart geblieben. Sein Zorn gegen Napoleon war grenzenlos. Hörte 
er nur dessen Namen nennen, dann konnte er so aufbrausen, daß er 
in blinder Wut mit dem Degen um sich hieb und rief: „Herunter 
muß er! er muß herunter!" Wie groß war daher seine Freude, als 
er 1813 den Oberbefehl über das preußische Heer gegen Napoleon er¬ 
hielt. Er ruhte auch nicht eher, bis dieser Stolze von seiner Höhe 
gestürzt war. Nicht nur in Deutschland, sondern auch in andern 
Ländern wurde Held Blücher bewundert und gepriesen. Als der 
Sieger von Waterloo, der treue Kampfgenosse Wellingtons, einst nach 
England kam, war der Jubel des Volkes unbeschreiblich. Sie spannten 
ihm die Pferde aus und sich selbst vor den Wagen. Blücher sagte 
zn seinen Freunden: „Ich muß hier über mich wachen, daß ich nicht 
zum Narren werde." Mehrere Damen erbaten sich Locken von seinem 
Haupthaar. Da zeigte er seinen fast kahlen Schädel und sprach: „Wenn 
ich jeder Schönen nur ein Haar gäbe, so müßte ich kahl von dannen 
gehen." Die Universität Oxford ernannte ihn zum Doktor. Da 
meinte er, nun müsse sie seinen Freund und Ratgeber Gneisenau 
wenigstens zum Apotheker machen. Auf das Urteil seines Freundes 
hatte er immer großes Gewicht gelegt und in allen wichtigen mili¬ 
tärischen Angelegenheiten dessen Rat eingeholt. Er stellte daher ein¬ 
mal in einer Gesellschaft die Frage, wer seinen Kopf küssen könne, 
und als es hieß, dies sei unmöglich, stand er aus und küßte — Gnei¬ 
senau. Überall wurde er als der eigentliche Erretter Deutschlands ge¬ 
feiert. Einmal überschüttete man ihn dermaßen mit Lobreden, daß 
er ärgerlich ausrief: „Was ist's denn, das Ihr rühmt? Es war des 
Heeres Tapferkeit, Gneisenaus Besonnenheit, von mir etwas Ver¬ 
wegenheit und des großen Gottes Barmherzigkeit!" 
Der letzte Kampf gegen Wapokeon. 
1. Napoleons Wiederkehr. Nach dem Sturze Napoleons ver¬ 
sammelten sich die verbündeten Fürsten in Wien, um die gestörten 
Staatsverhältnisse Europas, namentlich Deutschlands, wieder zu ordnen. 
Da gab es schwierige Verhandlungen. Preußen hatte in dem Be¬ 
freiungskriege die größten Opfer gebracht und war deshalb zu be-
	        
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