Full text: Karl der Große (H. 31)

4 A. Karls Persönlichkeit 
nicht an seiner Muttersprache, sondern er verwendete auch auf die Er¬ 
lernung fremder großen Fleiß: im Lateinischen brachte er es so weit, 
daß er es wie Deutsch sprach - das Griechische aber konnte er besser ver¬ 
stehen als selbst sprechen. Dabei war er so beredt, daß er fast als der 
Lehrer erscheinen konnte. Die edlen Wissenschaften pflegte er mit großer 
Liebe, die Meister in denselben schätzte er ungemein und erwies ihnen 
hohe (Ehren. 3n der Grammatik nahm er Unterricht bei dem Diakonus 
Petrus von Pisa, einem hochbejahrten Mann, in den übrigen Wissen¬ 
schaften ließ er sich von dem Diakonus HIbinus, mit dem Beinamen 
Alkuin, unterweisen, einem in allen Fächern gelehrten Mann. . . . 3n 
dessen Gesellschaft wandte er viel Seit und Mühe auf, um sich in der 
Rhetorik, Dialektik, vorzüglich aber in der Astronomie, zu unterrichten. 
Er erlernte die Kunst zu rechnen und erforschte mit emsigem Fleiß und 
großer Wißbegierde den Lauf der Gestirne. Auch zu schreiben versuchte 
er und pflegte deswegen Tafel und Papier im Bett unter dem Kopf¬ 
kissen mit sich herumzuführen, um in müßigen Stunden feine Hand au 
die Gestaltung von Buchstaben zu gewöhnen. Indessen brachte er es 
hierin mit feinen Bemühungen nicht weit, da er es zu spät angefan¬ 
gen hatte. 
Kap. 26. Der christlichen Religion, zu der er von Jugend auf ange¬ 
leitet mordest, war er mit Ehrfurcht und frommer Liebe zugetan. Darum 
erbaute er auch das herrliche Gotteshaus zu Aachen und schmückte es 
mit Gold und Silber und mit Kerzen und mit ehernen Gittern und Tü¬ 
ren. . . . Morgens und abends, auch bei den nächtlichen Horen und 
zur Zeit der Messe besuchte er fleißig die Kirche, wenn es ihm fein Be¬ 
finden erlaubte; und er ließ es sich sehr angelegen sein, daß alle gottes¬ 
dienstlichen Verrichtungen mit möglichst großer Würde begangen wür¬ 
den, und gar häufig mahnte er die Küster, nichts Schmutziges oder Unge¬ 
bührliches in der Kirche zu lassen. Die heiligen (Besäße ließ er aus 
Gold und Silber anfertigen und sie sowie die priesterlichen Gewänder 
in so großer Anzahl anschaffen, daß nicht einmal die Türsteher, die 
doch den untersten kirchlichen Grad bilden, beim Gottesdienst in ihrer 
gewöhnlichen Kleidung zu erscheinen brauchten. Auf die Verbesserung 
des Lesens und Singens in der Kirche wandte er große Sorgfalt. Denn 
in beiden Dingen war er sehr unterrichtet, wenn er auch selbst nicht 
öffentlich las und nur leise und im Thor sang. 
Kap. 27. 3n der Pflege der Armen und ihrer Unterstützung durch 
Almosen bewies er viel frommen Eifer, und das nicht bloß in seinem 
Land und Reich, sondern auch weit übers Meer pflegte er Geld zu 
schicken nach Syrien, Ägypten und Afrika, nach Jerusalem, Alexandria 
und Karthago, wenn er hörte, daß Christen daselbst in Dürftigkeit lebten, 
und sprang ihnen so in ihrer Not bei. Deswegen vornehmlich bewarb er 
sich auch um die Freundschaft der Könige jenseits des Meeres, damit er
	        
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