37. Aus dem siebenjährigen Kriege.
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jeder in seiner Eigentümlichkeit so groß und edel mar. Der König kaufte seinem
Sohne das Schloß Rheinsberg bei Ruppin, wo der Prinz in ernster Beschäf¬
tigung und in freiem Verkehr mit geistreichen Freunden sich auf seinen späteren
Herrscherberuf vorbereitete. In seinen letzten Tagen dankte Friedrich Wilhelm
wiederholt Gott für die Gnade, daß er ihm einen so würdigen Sohn gegeben habe.
riedrich II., später der Große genannt, bestieg im Jahre 1740 den preußi¬
schen Thron. Von der österreichischen Kaiserin Maria Theresia verlangte
er die Herausgabe einiger schlesischen Fürstentümer, auf welche Preußen alte An¬
sprüche besaß. Da seine Forderung aber abgewiesen ward, griff er kühn zu den
Waffen. Denn von den Zeiten seines strengen Vaters her, des Königs Fried¬
rich Wilhelm I., besaß er ein vortrefflich geschultes Heer und einen wohlgefüllten
Staatsschatz, und seine Seele war von dem Gedanken erfüllt, sein Preußen den
Hauptmächten Europas zur Seite zu stellen. In zwei ruhmvollen und kurzen
Kriegen zwang er Maria Theresia, das ganze schöne Schlesien an Preußen ab¬
zutreten. Ganz Europa bewunderte den jungen König und sein tapferes Heer.
Aber Maria Theresia konnte den Verlust und die Schande nicht verschmer¬
zen. Sie suchte daher nach einer Gelegenheit, das Verlorene wiederzugewinnen.
Und da Preußens rasches Wachstum auch bei anderen Staaten Neid und Besorg¬
nis erregt hatte, so verband sie sich in der Stille mit Rußland, Frankreich,
Sachsen und Schweden, um Friedrich zu demütigen und wieder zum Range
eines Kurfürsten von Brandenburg herabzudrücken. Sobald der König aber von
der geheimen Verbindung Nachricht erhalten hatte, kam er mit der größten
Kühnheit und Entschlossenheit seinen Feinden zuvor. Ehe sie mit vereinigten
Kräften ihn angriffen, drang er in Sachsen ein, schlug die heranrückenden Öster¬
reicher bei Lowositz und nahm das sächsische Heer gefangen. Das war der
Anfang des großen Krieges, der von 1756 bis 1763 dauerte und deshalb der
siebenjährige genannt wird.
Nun aber erhoben sich alle seine Feinde, und auch das vielköpfige deutsche
Reich sandte ein Heer, um ihn vernichten zu helfen. Bald stand eine Macht
von mehr als einer halben Million Kriegern gegen ihn im Felde, und er konnte
mit der äußersten Anstrengung ihnen kaum 200 000 Mann entgegenstellen. Aber
in einem unvergleichlichen Heldenkampf behauptete dennoch Friedrich sein schönes
Schlesien; der Ruhm der preußischen Tatkraft durchdrang das alt und morsch
gewordene Deutschland mit neuer Kraft und Begeisterung, und Preußen blieb
fortan der mächtige Vorkämpfer und Hort der evangelischen Sache.
Aus diesem Kriege, der, trotzdem daß Deutsche gegen Deutsche standen, den¬
noch das Vaterland verjüngt hat, sind die folgenden Bilder vier der erhebendsten.
1. Kollin. Der Morgen des 18. Juni (1757) brach an; aber die öster¬
reichische Armee war den Blicken der Preußen verschwunden. Man wußte nicht,
ob Daun nur seine Stellung verändert, oder ob er sich unter dem Schutz der
Nacht ganz zurückgezogen habe. Friedrich beschloß nach Kollin zu marschieren,
wo er jedenfalls feindliche Truppen erwarten durfte. Als er indessen die Höhen
bei Planian erreicht hatte, sah er auf den jenseitigen Bergzügen aufs neue die
37. Aus dem siebenjährigen Kriege.