20 HI. Der Ministerpräsident und Kanzler des Norddeutschen Bundes 
Die Herren, die so kurzweg hier das wort aussprechen, daß der 
preußische Landtag das Produkt unserer Hrbeiten in den und den Fällen 
verwerfen oder genehmigen werde — ihre Legitimation dazu ist schon 
vorgestern angezweifelt worden. Hber ich möchte Sie fragen: was wür¬ 
den Sie sagen, wenn heutzutage eine der verbündeten Regierungen schon 
von Hause aus erklärte: wenn dies oder das nicht in der Verfassung 
steht, so nehme ich sie unter allen Umständen nicht an? wenn ein Stand 
oder eine Kaste diese selbe Erklärung abgäbe? wenn ein Mitglied der 
mecklenburgischen Ritterschaft aufträte und sagte: wenn unsere Rechte 
nicht geschont werden —und sie wiegen auf der wagschale der Gerechtig¬ 
keit gerade ebenso schwer wie die des preußischen Landtags —, so spielen 
wir nicht mit (Sehr gut!)? . . . Glauben Sie wirklich, daß die gro߬ 
artige Bewegung, die im vorigen Jahre die Völker vom Belt bis an die 
Meere Siziliens, vom Rhein bis an den pruth und den Dnjestr zum 
Meere führte, zu dem „eisernen Würfelspiele", in dem um Königs- und 
Kaiserkronen gespielt wurde- — daß die vielen Millionen deutscher 
Kneger, die gegeneinander gekämpft und geblutet haben auf den 
Schlachtfeldern vom Rhein bis zu den Karpathen —, daß die Tausende 
und abertausende von Gebliebenen und der Seuche (Erlegenen, die durch 
ihren Tod diese nationale Entscheidung besiegelt haben, mit einer Land¬ 
tagsresolution ad acta geschrieben werden können — (Bravo!), meine 
Herren, dann stehen Sie wirklich nicht auf der höhe der Situation! . . . 
5ür den Augenblick wüßte ich dem, was ich gesagt habe, nichts weiter 
hinzuzufugen als die nochmalige Aufforderung: Meine Herren, arbeiten 
wir rasch! Setzen wir Deutschland, sozusagen, in den Sattel; reiten 
wird es schon können (Lebhafter Beifall)! 
5. Der Deutsch-Zranzösische Krieg. 
a) Bismarcks Bericht über die (Emfer Depesche.1 
3um Rücktritt entschlossen trotz der vorwürfe, die mir Roon darüber 
machte, lud ich ihn und RToltke zum 13. ein, mit mir zu drei zu speisen, 
und teilte ihnen bei Tische meine Kn- und Absichten mit. Beide waren 
[ehr niedergeschlagen und machten mir indirekt vorwürfe, daß ich die 
im vergleiche mit ihnen größere Leichtigkeit des Rückzuges aus dem 
Dienste egoistisch benutzte. Ich vertrat die Meinung, daß ich mein (Ehr¬ 
gefühl nicht der Politik opfern könne, daß sie beide als Berufssoldaten 
wegen der Unfreiheit ihrer (Entschließung nicht dieselben Gesichtspunkte 
zu nehmen brauchten wie ein verantwortlicher auswärtiger Minister, 
während der Unterhaltung wurde mir gemeldet, daß ein Ziffertele- 
gramm, wenn ich mich recht erinnere, von ungefähr zweihundert Grup- 
1 Gedanken und (Erinnerungen II, S. 108ff.
	        
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