I. Das Zeitalter der unbeschränkten Fürstenmacht.
1648—1789: Ohnmacht des Deutschen Reiches;
Bemühungen um Aufrechterhaltung des sogenannten
europäischen Gleichgewichts.
Vorblick auf das folgende Zeitalter.
§ 1. Unbeschränkte Fürstenmacht. In der Zeit des Dreißig¬
jährigen Krieges kamen zwei Eigentümlichkeiten des europäischen Staats-
lebens zum völligen Durchbruch: die unbeschränkte Fürstenmacht
und das Streben nach Aufrechterhaltung des sogenannten europäischen
Gleichgewichts.
Schon mit dem Beginne des 16. Jahrhunderts bemerkt man, wie
in den großen Monarchien Europas, so in den kleinen Ländergebieten
der deutschen Fürsten eine Zunahme der selbstherrlichen Gewalt,
eine Erscheinung, die späterhin so bedeutungsvoll werden sollte, daß neuere
Geschichtschreibers die Zeit vom 16. bis 18. Jahrhundert geradezu das
„Zeitalter der unbeschränkten Fürstengewalt" genannt haben.
Sie unterscheiden hierbei den konfessionellen Absolutismus (von
Philipp II. bis Ferdinand II.) mit dem Wahlspruche: cuius regio, eins
religio; hierauf den höfischen Absolutismus eines Ludwig XIV. mit
dem Wahlspruche: l’Etat c’est moi; endlich den aufgeklärten, volks-
freundlichen Absolutismus eines Peter des Großen, Friedrich des
Großen und ^zoses II. mit dem Wahlspruche: Le roi est le premier
serviteur de 1 Etat. Einfacher aber und doch schärfer ließe sich die
Entwickelung der Fürstenmacht dahin kennzeichnen, daß die fürstliche
Selbstherrlichkeit vom 16. bis ins 17. Jahrhundert sich überhaupt
') Zuerst W. Roscher in seiner „Geschichte der National-Ökonomik in Deutsch¬
land" und in seinem „System der Volkswirtschaft".
Jaenicke, Lehrbuch der Geschichte III. 2. Aufl. 1