54 Zweite Periode. Von 1648 bis 1789. Erste Hälfte.
hundert die Engländer und Franzosen Niederlassungen, anfänglich
jedoch ohne rechtes Gedeihen; das zuerst unter Elisabeth colonisirte Vir-
g i n i e n wurde erst im 17. Jahrhundert, das schon 1598 von den Franzosen
besetzte C a n a d a erst seit Ludwig XIV. von Bedeutung. — Nach 1600 rief
das Sinken der spanischen Macht ein lebendigeres Treiben mehrerer Völker in
den westindischen Gewässern hervor. Dahin gehört auch die merkwür-
dige Erscheinung der F l i b u st i e r s und Bukaniere; die letzteren waren
Franzosen, die ersteren (nach einer Art Fahrzeugen benannt) Engländer. Beide
vereint machten vorzüglich auf die spanischen Goldschiffe Jagd und bildeten
eine Art Räuber - Freistaat. Erst gegen 1700 setzten die englische und sran-
zösische Regierung gemeinschaftlich diesem Unwesen ein Ziel; die Bukaniere
legten indeß den Grund zu der französischen Colonie in Domingo. — Unbe-
achtet von der spanischen Regierung hatten seit 1609 die Jesuiten einen
patriarchalischen Priesterstaat in Paraguay gegründet. Im offenen Kriege
wurde den Spaniern I a m a i c a durch die Engländer entrissen (1655);
und diese wie die F r a n z o s e n, Holländer und Dänen siedelten sich
auf einigen Caraiben an.
Wo sich Europäer in der heißen Zone niederließen, erschienen ihnen
bald die Negersklaven unentbehrlich. Ueberhaupt nahm das Coloni-
sationssystem jenfeit der neuentdeckten Weltmeere anfänglich eine entsetzliche
Gestalt an. Die Spanier und Portugiesen hielten sich in ihrem
Fanatismus berechtigt und verpflichtet, das Christenthum unter den Heiden
mit Gewalt zu verbreiten. Der Protestantismus hielt sich von solcher Un-
duldsamkeit fern. Ueberhaupt aber gab erst, dem romanischen Princip
der Alleinregierung gegenüber, der Geist der germanischen Na-
tionen mittels der Selbstverwaltung dem Coloniewesen eine freiere Ent-
Wickelung. Der Krämergeist der Holländer hielt freilich das härteste .
Verfahren gegen die Eingeborenen in den Colonieen für erlaubt. Auch hier
sollte sich erst in einer späteren Zeit bewähren, daß die weitsichtigste Politik
zugleich die edelste ist; und England vor allen hat das Beispiel gegeben, daß
freie Civilisirung das gewinnreichste und festeste Band unter den Völkern der
Erde knüpft.
Zweite Periode.
Vom westphälischrn Frieden bis zur französischen Revolution,
1648 bis 1789.
Das Streben der Völker und so auch der Fürsten wandte sich in dieser
Zeit vorzüglich ans Hebung des Wohlstandes (M e r c a n t i l s y st e m) und
vielseitiger Geistesbildung. Die Kraft der Nationen fand ihren Mittelpunkt
in der Königsmacht; diese, jetzt auf st e h e n d e H e er e gestützt, beförderte