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I. Germanische Art und Sitte.
„Ding" mitzuraten. Nicht einmal Ehegemeinschaft verband ihn mit
dem Stande der Freien.
Von den Gemeinfreien hoben sich wieder die Edelinge ab.
Sie genossen aber keine politischen Vorrechte; nur durch größeren Besitz
und höheres, auf Waffentaten gegründetes Ansehen zeichneten sie sich
aus. Gern führten sie ihr Geschlecht auf einen göttlichen Stamm¬
vater zurück. Den Familien der Edelinge entstammten die Lerzöge,
Häuptlinge und besonders die „Könige", die aber nur für die Dauer
eines Kriegszuges gewählt wurden. Berühmten Häuptlingen unter¬
stellten sich gern Scharen von Jünglingen als dauerndes Gefolge,
besonders die jüngeren Söhne der Freien, die vom väterlichen Erbe
ausgeschlossen waren. Sie waren in Krieg und Frieden um ihren
Gefolgsherrn und durch das gegenseitige Gelübde der Treue bis zum
Tode mit ihm verbunden. Ehrlos war für Lebenszeit, wer den
Tod des Äerrn in der Schlacht überlebte.
Auch in der Religion bekundet sich der germanische Volks¬
charakter. Die Götter teilen die Vorliebe der Germanen für Jagd
und Krieg, für Berge und Wald, Lame und Quellenrauschen. Frei¬
lich liegen nur über die religiösen Vorstellungen und Bräuche der
nordgermanischen Völker reichere Nachrichten in den altisländischen
Sagas, den Eddaliedern und der „jüngeren" Edda vor; von den Ost-
und Westgermanen wissen wir in dieser Beziehung fast nichts, da
Tacitus darüber sehr schlecht unterrichtet ist und spätere Geschichts¬
schreiber nur einzelne wertvolle Mitteilungen enthalten. Allerdings
scheinen ja die religiösen Vorstellungen aller Germanen ursprünglich die
gleichen gewesen, also aus gemeinsamer Grundlage erwachsen zu sein.
Auch der Germane sah sich Schritt für Schritt von einer Fülle
niederer göttlicher Wesen umgeben; es sind die Elfen (Alfen, Alben,
Elben), die Wasser- und Lausgeister. Im Erdinnern Hausen die
Schwarzelfen, die mißgestalteten Zwerge, die der Zauber der Tarn¬
kappe und des Gürtels mit allerhand Kräften und Künsten ausstattet.
Sie fertigen funkelnde Waffen, wie das Schwert Balmung, und
kunstreichen Schmuck. Im Dienste verschiedener Zwergkönige (Alberich,
Gibich, Laurin) bewachen sie das verderbliche „rote Gold". Ihre
lichten Geschwister, die Luftelfen, erfüllen den Luftraum; in mond¬
hellen Nächten tanzen sie auf nebelumflorter Wiese. Täuschende
Ähnlichkeit mit dem Menschen zeigen die goldhaarigen, listigen
Wasserelfen (Nixen, Mummeln), die in die Tiefe ziehen, wer sich
von ihnen betören läßt. Im Namen so manches deutschen Flusses
oder Sees lebt die Erinnerung an sie fort. — Bald gutmütig, bald
tückisch zeigt sich das Leer der Hausgeister, die als Heinzelmännchen,
Kobolde, Katermann nachts in die Wohnungen der Menschen eindringen.