Full text: Vom Zeitalter des Augustus bis zum Westfälischen Frieden (Teil 2 = Klasse 3)

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V. Das Kaisertum der Äohenstaufen. 
zu retten war. In dem auf dem Mainzer Reichstage 1235 ver¬ 
kündeten „Landfrieden" — dem ersten Reichsgesetz in deutscher 
Sprache — wurden die deutschen Verhältnisse auf Grund der be¬ 
stehenden Rechtszustände neu geordnet. Nachdruck aber konnte der 
Kaiser seinen Anordnungen nicht mehr verleihen; die italienische 
Politik hat ihn fortan ganz in Anspruch genommen. Denn wie einst 
Barbarossa, so wollte auch sein Enkel die Neichsgewalt auf eine 
starke Stellung in Italien gründen. So dachte Friedrich wohl 
an eine Ausdehnung seines absoluten sizilischen Königtums auf die 
Reichsgebiete in Ober- und Mittelitalien. Die dadurch betroffenen 
lombardischen Städte, deren Selbständigkeitsgefühl seit den Tagen 
des Thronstreites stark gewachsen war, erhoben sich zur Abwehr, und 
als sich der Kaiser ihnen im Felde überlegen zeigte, trat Papst 
Gregor IX. auf ihre Seite. Drohte doch dem Papsttum jetzt eine noch 
gefährlichere Umzingelung durch die staufische Macht als in der Zeit 
Äeinrichs VI. Darum wurde unter dem Vorwande kirchlicher Ver¬ 
fehlungen abermals der Bann über Friedrich verhängt. 
Auf beiden Seiten führte man den Kampf jetzt mit der größten 
Erbitterung. Da die geistlichen Waffen des Banns und des Inter¬ 
dikts nicht mehr die alte Wirksamkeit besaßen, bediente sich die Kurie 
in diesem letzten, schweren Ringen mit dem Kaisertum durchaus welt¬ 
licher Mittel, zumal sie seit den Tagen Innocenz' III. die erste Geld¬ 
macht des Abendlandes war (vgl. Walthers Spruch: Der Opfer¬ 
stock). Demgegenüber konnte sich Friedrich auf den Reichtum 
Siziliens stützen. So führten beide Parteien starke Söldnerheere 
ins Feld, und Italien hatte unter schweren Verwüstungen zu leiden. 
Auf dem Konzil zu Lyon 1245 wurde Friedrich feierlich für ab¬ 
gesetzt erklärt. Eine kleine kaiserfeindliche Partei unter den deutschen 
Fürsten ließ sich für ein Gegenkönigtum gewinnen, das zunächst 
freilich bedeutungslos blieb. Auch in Italien konnte sich Friedrich 
trotz einiger Mißerfolge behaupten. Im Jahre 1250 raffte ihn im 
besten Mannesalter der Tod weg; mit ihm sank ein Herrscher von 
außergewöhnlicher Tatkraft und umfassender Begabung dahin, ein 
Mann, der in der Art Karls des Großen seinen sizilischen Los zum 
Mittelpunkt einer neuen Kultur zu machen wußte, nur daß sie un¬ 
endlich reicher war als die karolingische, denn die ganzen Er¬ 
gebnisse der arabischen Wissenschaft, besonders auf mathematisch¬ 
naturwissenschaftlichem Gebiet, wurden nicht mehr als „heidnisch" 
zurückgewiesen, sondern begierig aufgenommen und gern angewendet. 
Der Kaiser selbst gab in seinem Buche: „Über die Kunst, mit Falken 
zu jagen" ein Beispiel empirischer Forschung, die der Arbeitsweise 
der herrschenden kirchlichen Scholastik weit überlegen war.
	        
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