fullscreen: Der Große Kurfürst - Friedrich der Große (Bd. 1)

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Wilhelm schon früh besonderen Geschmack fand. Auch hatte der Prinz dann 
und wann Gelegenheit, mit den Befehlshabern der in der Nähe von Küstrin 
lagernden oder durchziehenden kaiserlichen Truppen in Berührung zu kommen 
und un Kreise der Offiziere zu verweilen. Mit gespannter Aufmerksamkeit 
lauschte er ihren Berichten über die Ereignisse auf dem Kriegsschauplätze und 
de» Schilderungen der Abenteuer, welche die im rauhen Kriegshandwerk er- 
0muten De(iuiter erlebt hatten. Freilich hatte auch der kleine Hofhalt des Kur¬ 
prinzen und seiner Schwester unter den Drangsalen, welche die immer wüster 
hausende Kriegsfurie den märkischen Landen bereitete, mitzuleiden. Weithin war 
dav Land von den kaiserlichen Truppen völlig ausgesogen, und oft genug waren 
die Ämter und Städte der Mark nicht einmal imstande, die Lieferungen zu 
Ieilten, auf welche die kurfürstlichen Kinder zu ihrem Unterhalt angewiesen 
waren. Dadurch lernte der junge Prinz früh Entbehrungen und Mangel 
kennen, und es fehlte gar oft au den allernotwendigsten Bedürfnissen. 
x\n diese Zeit des Küstriner Aufenthaltes fällt ein freilich niemals voll¬ 
ständig aufgeklärtes Ereignis, das viel dazu beigetragen hat, die Seele des 
jungen Kurprinzen mit einem tiefen Mißtrauen gegen den Grafen Schwarzen¬ 
berg zu erfüllen.*) Der Kurprinz hatte sich eines Abends schon frühzeitig zur 
Gliche begeben, als der Kammerdiener Daniel, ein Franzose von Geburt, noch 
111 dem Schlafgemach aufräumte. Bei dieser Verrichtung kam Daniel auch zu 
dem Bette des Kurprinzen und bemerkte zu seinem Schrecken, daß unter der 
Bettlade ein Mensch verborgen sei. Schlimmes ahnend, rief Daniel dem Knr- 
prinzen zu, er möge schnell sein Bett verlassen. Der Prinz folgte der Weisung 
unt) sprang von seinem Lager ins Zimmer. Daniel näherte sich jetzt dem Bette 
und zog einen jungen, etwa zwanzigjährigen Mann unter der Lade hervor, der 
zum Schrecken aller inzwischen Herbeigekommenen mit einem blanken Degen be- 
waffnet war. Man führte den Ertappten zwar in das Gefängnis, aber eine 
Untersuchung scheint nicht stattgefunden zu haben, es fehlen wenigstens die Be¬ 
richte darüber, und es gewinnt den Anschein, als habe man die ganze Sache 
totschweigen wollen. Friedrich Wilhelm war noch in späteren Jahren sest da- 
von überzeugt, daß es sich bei diesem Vorgang um einen vom Grafen Schwarzen¬ 
berg veranstalteten Mordversuch gehandelt habe. 
vSm Jahre 1631, also in der Zeit, in welcher Kurfürst Georg Wilhelm 
zum Abschluß eines Bündnisses mit König Gustav Adolf genötigt wurde, endete 
der- Aufenthalt des Kurprinzen in Küstrin; doch bleibt es dahin gestellt, ob der 
erwähnte dunkle Vorgang, oder, wie anderwärts behauptet wird, die in Küstrin 
ausgebrochene Pest den Anlaß zu seiner Entfernung von dort gegeben hat. 
Reicht unwahrscheinlich ist es, daß Kurprinz Friedrich Wilhelm noch vor seinem 
Fortgang von Küstrin hier zum erstenmale seinen von ihm hochverehrten Oheim, 
den Heldeitfonig Gustav Adolf, persönlich kennen gelernt hat. Gewiß ist, daß 
Vergl. .SpillI, Der Große Kurfürst und seine Zeit, S. 58.
	        
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