10
Wilhelm schon früh besonderen Geschmack fand. Auch hatte der Prinz dann
und wann Gelegenheit, mit den Befehlshabern der in der Nähe von Küstrin
lagernden oder durchziehenden kaiserlichen Truppen in Berührung zu kommen
und un Kreise der Offiziere zu verweilen. Mit gespannter Aufmerksamkeit
lauschte er ihren Berichten über die Ereignisse auf dem Kriegsschauplätze und
de» Schilderungen der Abenteuer, welche die im rauhen Kriegshandwerk er-
0muten De(iuiter erlebt hatten. Freilich hatte auch der kleine Hofhalt des Kur¬
prinzen und seiner Schwester unter den Drangsalen, welche die immer wüster
hausende Kriegsfurie den märkischen Landen bereitete, mitzuleiden. Weithin war
dav Land von den kaiserlichen Truppen völlig ausgesogen, und oft genug waren
die Ämter und Städte der Mark nicht einmal imstande, die Lieferungen zu
Ieilten, auf welche die kurfürstlichen Kinder zu ihrem Unterhalt angewiesen
waren. Dadurch lernte der junge Prinz früh Entbehrungen und Mangel
kennen, und es fehlte gar oft au den allernotwendigsten Bedürfnissen.
x\n diese Zeit des Küstriner Aufenthaltes fällt ein freilich niemals voll¬
ständig aufgeklärtes Ereignis, das viel dazu beigetragen hat, die Seele des
jungen Kurprinzen mit einem tiefen Mißtrauen gegen den Grafen Schwarzen¬
berg zu erfüllen.*) Der Kurprinz hatte sich eines Abends schon frühzeitig zur
Gliche begeben, als der Kammerdiener Daniel, ein Franzose von Geburt, noch
111 dem Schlafgemach aufräumte. Bei dieser Verrichtung kam Daniel auch zu
dem Bette des Kurprinzen und bemerkte zu seinem Schrecken, daß unter der
Bettlade ein Mensch verborgen sei. Schlimmes ahnend, rief Daniel dem Knr-
prinzen zu, er möge schnell sein Bett verlassen. Der Prinz folgte der Weisung
unt) sprang von seinem Lager ins Zimmer. Daniel näherte sich jetzt dem Bette
und zog einen jungen, etwa zwanzigjährigen Mann unter der Lade hervor, der
zum Schrecken aller inzwischen Herbeigekommenen mit einem blanken Degen be-
waffnet war. Man führte den Ertappten zwar in das Gefängnis, aber eine
Untersuchung scheint nicht stattgefunden zu haben, es fehlen wenigstens die Be¬
richte darüber, und es gewinnt den Anschein, als habe man die ganze Sache
totschweigen wollen. Friedrich Wilhelm war noch in späteren Jahren sest da-
von überzeugt, daß es sich bei diesem Vorgang um einen vom Grafen Schwarzen¬
berg veranstalteten Mordversuch gehandelt habe.
vSm Jahre 1631, also in der Zeit, in welcher Kurfürst Georg Wilhelm
zum Abschluß eines Bündnisses mit König Gustav Adolf genötigt wurde, endete
der- Aufenthalt des Kurprinzen in Küstrin; doch bleibt es dahin gestellt, ob der
erwähnte dunkle Vorgang, oder, wie anderwärts behauptet wird, die in Küstrin
ausgebrochene Pest den Anlaß zu seiner Entfernung von dort gegeben hat.
Reicht unwahrscheinlich ist es, daß Kurprinz Friedrich Wilhelm noch vor seinem
Fortgang von Küstrin hier zum erstenmale seinen von ihm hochverehrten Oheim,
den Heldeitfonig Gustav Adolf, persönlich kennen gelernt hat. Gewiß ist, daß
Vergl. .SpillI, Der Große Kurfürst und seine Zeit, S. 58.