Graf Zinzendorf über Josef II. 31
zu verteilen, die indirecten zu vereinfachen, den Gewerbefleiß durch Zwangs¬
mittel und Verbote zu beleben, den Schmuggel zu verhindern, die Erziehung
der Jugend, die Schulen, die Priesterseminare, die religiösen Ceremonien
zu regeln, die Zahl der Klöster zu vermindern, die Pfarren auf dem Lande
zu vermehren, die Verpflegung der Armee zu sichern. Er fand es für gut,
die Leibesstrafen zu verschärfen, die Verbrecher mit heißem Eisen brand¬
marken zu lassen und die Spitäler, Gefängnisse, Lasematten, Zeug- und
Armenhäuser abzulaufen. Alle diese Gegenstände wurden ohne Berathung,
ohne Combination, ohne Überlegung durch Billete, die er Mctirte, erledigt,
fluch das Regiment der unsterblichen Maria Theresia, das viel milder als
das seine war, hatte auf Grundsätze und auf die Staatsverfassung keine
Rücksicht genommen. Despotische Minister ohne wahrhafte Befähigung waren
die Anordner. Joseph II. mit einem großen Scharfblick begabt entdeckte rasch
ihre schwachen Seiten. Sein Mißtrauen, das bei Herrschern so natürlich ist,
flößte ihm eine schlechte Meinung von den Menschen im Allgemeinen ein.
Er hielt sie nur durch (Ehrgeiz, Habgier und Vergnügungssucht getrieben.
Rechtschaffenheit und Ehrbarkeit waren ihm ein Räthsel, selbst die Güte,
die in seinem Herzen ruhte, hielt er in ihren Wirkungen für schädlich. (Er
bemühte sich gar nicht, eine Verleumdung zurückzuweisen oder zu bestrafen.
Er bildete sich ein, sicher zu regieren, wenn er alle Zweige der Verwaltung
zerftückte, ifolirte und in jeder Provinz Zwietracht säete. 3n der Eifersucht
auf feine Macht untergrub er die Autorität seiner Minister und Gouverneure,
fluch ein Fürst, welcher die IDiffenfchaft der Regierung von Grund aus
studirt und in einfache gleichförmige Grundsätze vereinigt hätte, wäre nicht
im Stande gewesen, so verschiedene Gegenstände durchzuführen oder viel¬
mehr er hätte gar nicht den versuch gemacht, und Joseph II. wagte das
alles zu unternehmen. 3n seinem unruhigen Temperamente verband er
damit ein zerstreutes Leben und eine wahre Reisewuth. Um den Schein
zu vermeiden, als habe er den Rath seiner Minister oonnöthen, umgab er
sich mit einer Schaar subalterner 3ntriguanten. Ein solches Regiment mußte
unter feiner eigenen Last zusammenbrechen. Ehe 10 Jahr verflossen waren,
drohte auch der allgemeine Ruin. Dieser Fürst, der seine Verwaltung unter
so glücklichen Auspicien begonnen, mußte seine willkürlichen Anordnungen
in Belgien und Ungarn wiederrufen; er beendete feine Laufbahn mit
49 Jahren, der Regierung und des Lebens müde, und betrachtete das Grab
als einen Schutz gegen den allgemeinen Sturm und als das Ende feines Mi߬
geschickes. . ..