fullscreen: Das Zeitalter der Aufklärung (H. 66)

4 Sensualismus und (Empirismus 
nicht bemerke oder verstehe, da das Einprägen, wenn es überhaupt 
einen Sinn hat, nur darin bestehen kann, daß sie durch Erkenntnis gewisser 
Wahrheiten bewirkt wird. Denn daß dem Geiste etwas eingeprägt werde, 
ohne daß es ihm zum Bewußtsein käme, scheint mir kaum verständlich 
zu sein. wenn deshalb Kinder und Idioten Seelen haben oder Geist 
besitzen, die mit solchen Eindrücken versehen sind, so müssen sie diese 
unausbleiblich bemerken, sie müssen diese Wahrheiten notwendig er¬ 
kennen und ihnen beipflichten, und da sie das nicht tun, gibt es augen¬ 
scheinlich solche Eindrücke nicht. Denn wenn es keine von der Natur 
eingeprägte Vorstellungen sind, wie können sie denn angeboren sein? 
Und, wenn es eingeprägte Vorstellungen sind, wie können sie denn 
unbekannt sein? Sagen, daß eine Vorstellung dem Geiste eingeprägt 
sei, und doch zugleich behaupten, daß der Geist kein Bewußtsein von 
ihr habe und sie noch niemals beachtete, heißt, ihre (Einprägung zunichte 
machen, von keinem Satze, der dem Geiste noch niemals bekannt gewesen 
ist, dessen er sich niemals bewußt geworden ist, kann man sagen, daß 
'er in ihm enthalten sei. Denn, wenn das bei einem zulässig ist, dann 
darf man aus demselben Grunde von allen wahren Sätzen, denen der 
Geist jemals zustimmen mag, behaupten, sie seien in ihm enthalten 
und ihm eingeprägt; indem, wenn sich von irgendeinem, der dem Geiste 
bisher unbekannt geblieben, sagen läßt, er sei in ihm enthalten, dies 
nur deshalb gestattet sein kann, weil der Geist fähig ist, ihn kennen zu 
lernen, und dies von allen Wahrheiten gilt, die er jemals einsehen wird. 
3a, auf die Hrt können dem Geiste Wahrheiten eingeprägt sein, die er 
niemals gemußt hat, noch jemals wissen wird; denn jemand kann lange 
in der Unkenntnis mancher Wahrheiten leben und endlich darin ster¬ 
ben, zu deren Erkenntnis, und zwar mit Sicherheit, sein Geist befähigt 
war. So daß, wenn die behauptete (Einprägung von Natur in der Mög¬ 
lichkeit des Wissens besteht, alle Wahrheiten, zu deren Erkenntnis einer 
jemals gelangt, aus diesem Grunde Stück für Stück angeboren sein wer¬ 
den,- und dieser Hauptpunkt wird auf nichts mehr als eine recht un¬ 
passende Ausdrucksweise hinauslaufen, die, während sie das Gegenteil 
zu behaupten vorgibt, nur dasselbe sagt wie die, welche angeborene 
Grundbegriffe leugnen. Denn niemand hat, meine ich, jemals geleug¬ 
net, daß der Geist fähig sei, manche Wahrheiten zu erkennen. Die Fähig¬ 
keit, heißt es, ist angeboren, das wissen ist erworben, wozu soll dann 
dieser Kampf für gewisse angeborene Axiome dienen? wenn Wahr¬ 
heiten dem verstände eingeprägt sein können, ohne daß sie bemerkt wer¬ 
den, so sehe ich nicht ein, daß zwischen den Wahrheiten, zu deren Er¬ 
kenntnis der Geist fähig ist, hinsichtlich ihres Ursprungs irgendein Un¬ 
terschied bestehen könnte; sie müssen alle angeboren oder alle erwor¬ 
ben fein; vergeblich würde man versuchen, hier einen Unterschied zu 
machen, wer von angeborenen Gedanken im verstände spricht, kann
	        
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