Goethe 31
17. Äußerungen Goethes.
a) Hus Wilhelm Meisters Lehrjahren?
Such VII, Kap.9, Hbf. 41: (Es ist gut, daß der Mensch, der erst in die
well tritt, viel von sich halte, daß er sich viele Vorzüge zu erwerben
denke, daß er alles möglich zu machen suche - aber wenn seine Bildung
auf einem gewissen Grade steht, dann ist es vorteilhaft, wenn er sich in
einer größeren Masse verlieren lernt, wenn er lernt, um anderer willen
zu leben und seiner selbst in einer pflichtmäßigen Tätigkeit zu vergessen.
Da lernt er erst sich selbst kennen; denn das handeln eigentlich ver¬
gleicht uns mit andern.
b) Hus Wilhelm Meisters Wanderjahren?
Buch II, Kap. 1, Hbf. 192: Der Natur ist Furcht wohl gemäß, Ehr¬
furcht aber nicht; man fürchtet ein bekanntes oder unbekanntes mäch¬
tiges Wesen: der Starke sucht es zu bekämpfen, der Schwache zu ver¬
meiden, beide wünschen es los zu werden und fühlen sich glücklich, wenn
sie es auf kurze Zeit beseitigt haben, wenn ihre Natur sich zu: Freiheit
und Unabhängigkeit einigermaßen wiederherstellte. Der natürliche
Mensch wiederholt diese Operation millionenmal in seinem Leoen; von
der Furcht strebt er zur Freiheit, aus der Freiheit wird er in die Furcht
getrieben und kommt um nichts weiter. Sich zu fürchten ist leicht, aber
beschwerlich; (Ehrfurcht zu hegen ist schwer, aber bequem. Ungern ent¬
schließt sich der Mensch zur (Ehrfurcht, oder vielmehr entschließt sich nie
dazu; es ist ein höherer Sinn, der feiner Natur gegeben werden muß,
und der sich nur bei besonders Begünstigten aus sich selbst entwickelt,
die man auch deswegen von jeher für heilige, für Götter gehalten,
hier liegt die würde, hier das Geschäft aller echten Religionen.
c) Aus dem Vermächtnis des Parsen?
Und nun fei ein heiliges Vermächtnis
brüderlichem wollen und Gedächtnis:
schwerer Dienste tägliche Bewahrung,
sonst bedarf es keiner Offenbarung.
1 Worte öes Menschenkenners Jarno im (Bespräche mit Wilhelm Meister,
dem er rät, nach langen Irrwegen eine seiner Begabung angemessene Tätigkeit
zu ergreifen.
2 3n diesen Sätzen wird begründet, warum in der pädagogischen Provinz,
der Wilhelm Meister seinen Sohn zur (Erziehung übergeben will, vor allem die
(Ehrfurcht gepflegt wird.
3 Westöstlicher Divan, Parsi Kamel), Strophe 7. Während Goethes Divan«
gedichte sich sonst in Öen Anschauungen öes Islams bewegen, enthält öas am
13. März 1815 verfaßte Buch öes parsen ein Vermächtnis altpersischen Glaubens.