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Tarnkappe mit sich, die er einst den Zwergen abgewonnen hatte und welche
ihren Träger unsichtbar machte. Die Diener trugen die goldfarbenen
Schilde der Helden an's Ufer, brachten ihr Gewand und führten auch die
Rosse herzu. Da standen an den Fenstern die lieblichen Kinder und weinten
sehr; aber ein frischer Wind blähete die Segel des Schiffes und die stolzen
Heergesellen stiegen wohlgemuth ein und saßen auf dem Rheine. „Wer
will Schiffmeister sein?" rief König Günther. Alsbald ergriff Siegfried
eine Ruderstange und schob kräftig vom Gestade; der König Günther
nahm selbst ein Ruder und so huben sich die Ritter vom Lande. Sie
führten reiche Speise mit sich, dazu auch guten Wein, den besten, den man
am Rheine finden konnte. Ihre Rosse standen ruhig, das Schiff ging
sanft dahin und auf dem ganzen Wege widerfuhr ihnen kein Leid.
Am zwölften Morgen hatten die Winde sie vor den Jsenstein ge¬
bracht, wo Brunhilde herrschte. Sechsundachtzig Thürme sahen sie aus
dem Lande ragen, vor ihnen standen drei große Paläste; sie traten in
einen wohlgebauten Saal von edlem Marmorstein, in welchem Brunhilde
mit ihrer Dienerschaft wohnte. Die Burg war weit aufgethan; Brun-
hilden's Mannen liefen ihnen entgegen, empfingen die Gäste im Lande
ihrer Königin, führten ihre Rosse hinweg und nahmen auch ihre Waffen
in Empfang. Als nun die Königin Siegfrieden sah, sprach sie züchtig zu
dem Gaste: „Seid willkommen, Herr Siegfried, allhier in diesem Lande.
Was bedeutet eure Reise? Das möcht' ich gern wissen." Siegfried ant¬
wortete: „Hier ist Günther, ein König reich und hehr, der keinen Wunsch
weiter kennet, wofern er deine Hand gewonnen hätte. Um deinetwillen
bin ich mit ihm hierher gefahren; wäre es nicht mein Herr, ich hätte
es mmmer gethan." Sie sprach: „Nun wohl, wenn er vermeint, die
Spiele, die ich ihm zuertheilen werde, zu bestehen, so werde ich sein Weib;
gewinne aber ich, so geht es euch Allen an's Leben. Den Stein soll er
werfen und darnach springen, sodann soll er mir den Speer schießen und
endlich mit mir ringen. Seid nicht zu jach! Ihr könnt hier Ehre und
Leben verlieren; darum bedenkt euch wohl!" — Siegfried der Schnelle
trat zum König und munterte ihn auf, gutes Muthes zu sein; er wolle
ihn schon behüten. Da sprach der König Günther: „Hohe Königin! Theilet
mir zu, was ihr gebietet; und wäre es auch noch mehr. Ich will mein
Haupt verlieren, so ihr nicht mein Weib werdet!"
Als die Königin seine Rede vernahm, hieß sie die Spiele beschleunigen.
Ihre Diener brachten ihr das Kriegsgewand, einen Panzer von rothem
Golde und einen guten Schild. Derweilen war auch Siegfried, der starke
Mann, zum Schiffe gegangen, ohne daß es Jemand wußte; dort schlüpfte
er in seine Tarnkappe und Niemand sah ihn nun. Als er zurückkam, stan¬
den viele Recken um die Königin, die ihre hohen Spiele ordnete. Heimlich
ging Siegfried umher und Niemand erkannte ihn. Jetzt trug man der
Frau einen schweren und großen, starken und gewaltigen Speer herbei, der
an ber Spitze schrecklich schnitt. Da sprach Hagen's Schwestersohn, der
kühne Ortwin: „Mich reuet die Reise an diesen Hof von Herzen. Sollen
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