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zu schreiben, oder mit seinen Ministern von Geschäften zu reden. Den
wahren Bedürfnissen seines Volkes kam er überall liebevoll entgegen. Aber
es war ihm nicht beschieden, in stiller Ruhe die Früchte seiner Anstren¬
gungen reifen zu sehen: vielmehr sollte seine Tugend durch Leiden bewährt
werden. Zuerst bekümmerte ihn die Lasterhaftigkeit seines Mitregenten;
dann brach ein Krieg mit den Parthern aus. Dieser wurde zwar siegreich
geendet, aber dem heimkehrenden Heere folgte die Pest, und mehrere Pro¬
vinzen litten durch Erdbeben und Überschwemmung. Darauf folgten stür¬
mische Bewegungen unter den Völkern des Nordens. Die Marko¬
mannen, mit mehreren süddeutschen und sarmatischen Völkern vereinigt,
brachen von der Donau her in Italien ein und drangen bis Aquileja vor
(168); Roms Untergang schien nahe. Da raffte der Kaiser alle Kräfte
des Staates zusammen, um den verwüstenden Völkerstrom zu hemmen.
Alles, was nur Waffen tragen konnte, wurde zu dem gefahrvollen Kampfe
aufgeboten. Der Kaiser gab seinen ganzen Privatschatz her, ließ sogar
alle Kostbarkeiten und Schmucksachen aus dem Palaste versteigern, um
die Unkosten des Feldzuges zu bestreiten. Und nun kämpfte er so wacker,
daß die Feinde jenseits der Donau sich zurückziehen mußten.
Mark Aurel verfolgte sie. Auf den Rath der Wahrsager ließ er zwei
Löwen in die Donau jagen, „die würden dem Feinde Verderben bringen"
— so glaubten die Soldaten. Lachend aber sahen am jenseitigen Ufer die
Quaden zu und riefen: „Sehet doch, was für große Hunde!" Und als
die Löwen drüben waren, nahmen jene ihre Keulen und schlugen sie damit
todt. Indessen spannte der Kaiser mit Klugheit ein Kriegsnetz über das
ganze Donauland, und wo er selber war, gewann er den Sieg. So
bezwang er die Markomannen, und schlug die Jazygen (ein Volk slavischer
Abkunft, das mit den Deutschen verbündet war) auf der Eisdecke der
Donau. Darnach gedachte er auch das zahlreiche Volk der Quaden zu
überwinden; diese aber wichen vor ihm tiefer in's Ungarland zurück und
verlockten ihn in eine Wildniß. Da sah er sich plötzlich in einem Thale
rings von ihnen umstellt, und das Heer, das seit fünf Tagen fast vor
Durst verschmachtete, gab sich schon für verloren. Nur wie durch ein
Wunder ward es errettet; ein furchtbares Gewitter brach los, erquickte
die Römer, das sie mit zehnfacher Kraft fortkämpften, und verdarb den
Quaden ihre Geschosse. Diese meinten, eine Legion habe den Blitz in
ihrer Mitte (legio fulminatrix), flohen und unterwarfen sich. Als der
Friede geschlossen war, stellte der Kaiser die Burgen und Schanzen an der
Donau wieder her. Die Ruhe konnte er aber nicht wieder herstellen,
denn der Hochmuth und die Tyrannei der Römer stachelten die Über¬
wundenen immer wieder zu neuen Kämpfen. Leider hatte er sich schon im
Jahre 177 zu einer grausamen Christenverfolgung hinreißen lassen. Nach¬
dem er zu Anfang des Jahres durch ein allgemeines Edikt allen Anklä¬
gern der Christen das Recht verliehen hatte, in das Besitzthum der An¬
geklagten einzutreten, nachdem er also die Christen ganz recht- und schütz»
los gemacht hatte, schloß er das Jahr 177 mit massenhaften Hinrich-