Full text: Das Mittelalter (Theil 2)

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Brust einen Augenblick frei, und diesen Augenblick benutzte der Feind; ein 
Wurfspieß fauste herüber und durchbohrte die Brust des Königs. Da 
hauchte der Held seine Seele aus. 
Einige der Kaiserlichen aber zerrten die Leiche hervor und hieben ihr 
den Kopf ab und steckten denselben auf einen Speer, damit dieser Anblick 
den Römern Muth einflöße und die Gothen verzagt mache. Aber die Gothen 
kämpften wacker fort bis zum Abend. Die Nacht schied das Treffen und 
von beiden Seiten blieben die Kämpfer in den Waffen. Am folgenden 
Morgen stellten sie mit dem ersten Strahl der Sonne ihre Reihen und 
wiederum kämpften sie bis in die Nacht, und keiner wandte den Rücken 
und keiner wich, so viel auch ihrer fielen, und Jeder fiel an dem Orte, 
wo er getroffen war. Die Gothen wußten wohl, daß sie zum letzten Male 
kämpften; die Römer aber wollten ihnen nicht nachstehen an Muth. 
Am Abend aber des zweiten Tages sandten die Gothen einige der 
Angesehensten ihres Volkes zu Narses und ließen ihm sagen, sie sähen nun 
wohl ein, daß Gott ihnen das Land Italien nicht zum Eigenthum bescheert 
habe. Darum wollten sie abstehen vom Kampfe, doch nicht um sich dem 
Kaiser zu unterwerfen, sondern um mit ihren Genossen nach ihren Ge¬ 
setzen zu leben. Darum bäten sie um freien Abzug, und daß sie auch das 
Reisegeld mitnehmen dürften, das früher ein Jeder zurüctgelegt hätte. 
Narses erwog diesen Vorschlag im Kriegsrathe mit seinen Anführern, 
und diese riethen ihm, die Bitte zu gewähren, weil ja doch die Gothen 
zum Todeskampfe entschlossen wären, der auch den Kaiserlichen noch man¬ 
chen tapfern Mann hinwegnehmen wurde. Die Meinung billigte auch 
Narses, und er kam mit den Gothen überein, daß diese ungehindert ab¬ 
ziehen und niemals wieder mit dem Kaiser Krieg führen sollten. Da 
gingen noch 1000 Gothen aus ihrem Lager hervor und begaben sich nach 
Ticinum (Pavia) und dem nördlich vom Po gelegenen Lande. So endete 
der Krieg, der achtzehn Jahre gedauert und an 15 Millionen Menschen 
verschlungen hatte, und so war das Ende des Stammes der Ostgothen. 
Narses aber wurde zum Statthalter Italiens bestimmt. 
2. Noderich und Stares (711 n. Chr.). 
In dem schönen Spanien wurden die Gothen während des sechsten 
und siebenten Jahrhunderts selten angegriffen, und darum wurde das Volk 
im Ganzen der Waffen entwöhnt. Zugleich war das Land immer von 
Parteiungen zerrissen; denn es war ein Wahlreich, und nur der war 
rechtmäßiger König, welcher feierlich dazu gewählt auf dem Schilde empor¬ 
gehoben wurde. Dadurch stieg die Macht der Großen des Reichs, sowohl 
der weltlichen als der geistlichen; denn nur die Großen hatten das Recht 
der Wahl, und dadurch entstanden unendliche Streitigkeiten, welche sowohl 
die königliche Macht, als auch die Ruhe und Sicherheit des Volkes zer¬ 
rütteten.
	        
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