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Heere und der Sieg schwankt hin und her. Zweimal dringen die Schwe¬
den siegreich über den Graben, erobern die Kanonen und richten sie gegen
den Feind; aber eben so oft werden sie blutig über den Graben zurück¬
geworfen. Endlich dringt ihr rechter Flügel, vom Könige selbst geführt,
siegreich durch und treibt die Feinde fliehend vor sich her. Da erhält
Gustav die Nachricht, sein linker Flügel wanke und sei bereits in Unord¬
nung. Mit Blitzesschnelle eilt der König an den bedrohten Punkt; nur
Wenige können ihm folgen. Sein kurzes Gesicht bringt ihn zu nahe an
den Feind; ein kaiserlicher Scharfschütze schlägt auf ihn an und zerschmettert
ihm den linken Arm. Ueberwältigt von Schmerz und der Ohnmacht nahe
bittet er den Herzog von Lauenburg, der hinter ihm reitet, ihn aus dem
Getümmel zu führen. In demselben Augenblick erhält er einen zweiten
Schuß in den Rücken und sinkt mit dem Seufzer! „Mein Gott! Mein
Gott!" vom Pferde. Und über den Gefallenen setzten Freund und Feind.
Wiehernd rennt des Königs Roß, seines Reiters beraubt und mit Blut über¬
gössen, durch die Reihen der Schweden und bringt ihnen zuerst die schreck¬
liche Kunde, daß ihr angebeteter Führer dahin sei. Da giebt die Wuth ihnen
neue Kraft. Wie grimmige Löwen dringen sie unter der Anführung des
tapfern Herzogs von Weimar abermals in den Feind, stürzen Alles vor
sich nieder, erobern das Geschütz und richten es wiederum gegen die Kai¬
serlichen. Schon ist der Sieg für die Schweden entschieden; siehe, da er¬
scheint plötzlich Pappenheim mit acht frischen Reiterregimentern von Halle
her auf dem Kampfplatze und die Schlacht beginnt von Neuem. Voll blu¬
tiger Begierde, dem gehaßten Schwedenkönige selbst im Kampfe zu begegnen,
stürzt er sich in das dichteste Schlachtgewühl. Schon hat er den einen
Heerhaufen in die Flucht geschlagen, schon will er auf den zweiten los und
den Sieg vollenden, da trifft eine Kugel und wieder eine Kugel des Tapfern
Brust und mit Gewalt müssen ihn die ©einigen aus dem Handgemenge
ziehen. Jetzt erst erfährt er, daß auch der König gefallen ist, und sein Auge
erheiterte sich. „Meldet dem Herzoge von Friedland," — spricht er mit
sterbender Stimme — „daß ich ohne Hoffnung zum Leben darniederliege,
aber fröhlich dahinscheide, da ich weiß, daß dieser unversöhnliche Feind mei¬
nes Glaubens an einem Tage mit mir gefallen ist." Mit ihm schwindet
auch der Muth seiner Reiter; bestürzt weichen sie zurück und nur der dicht
einfallende Abendnebel rettet sie vom gänzlichen Untergange. Unterdessen
sind auch die Pappenheim'schen Fußtruppen von Halle her auf dem Kampf¬
platze angelangt und leisten noch lange den hartnäckigsten Widerstand.
Erst die einbrechende Nacht nacht dem mörderischen Kampfe ein Ende.
Der Sieg bei Lützen wurde für einen Verlust der Sieger und für
einen Gewinn der Ueberwundenen gehalten; denn der Tod des Königs war
ein unersetzlicher Verlust für die Schweden. Erst am folgenden Tage fan¬
den sie seinen Leichnam, kaum kenntlich vor Blut und Wunden, zertreten
von den Hufen der Pferde und aller Kleider beraubt, unfern eines großen
Steines, der seitdem der Schwedenstein genannt wird und jetzt neben einem
neuen, mit einer Inschrift versehenen Denkmale mit Pappeln umpflanzt ist.