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^ auf der Moskwa sehe?" — „Es ist ein englisches Boot," antwortete
man chm, „unb sowohl zum Rubern, als zum Segeln zu gebrauchen"
„Das möchte ich sehen!" rief Peter. „Ist benn Niemanb ba, ber es
regieren könnte?" — Man sagte ihm, vielleicht verftänbe es ein alter
holländischer Tischler, barsten Brand, ber ehemals ein Schiffszimmermann
gewesen sei. Er würbe gerufen, setzte es bald wieber in Stanb und
fuhr dann vor ben Augen bes erstaunten Czaren ben Strom hinab unb
hinauf. Nun trat Peter selbst an's Steuer unb das Wasser war von jetzt
an sein Element. Balb war ihm ber Fluß, balb ein großer Teich zu enge •
das Schiff mußte in einen See gebracht werben. Diesem Schiffe folgten
balb mehrere, bie ber alte Brand ihm bauen mußte. „Könnte ich boch
nur einmal ein Seeschiff sehen!" rief Peter sehnsüchtig ans. Rußland
hatte bamals noch kein Lanb an ber Ostsee unb am Schwarzen Meere -
bas Weiße Meer war bas einzige, wo Peter seine Sehnsucht stillen
konnte; borthm reiste er. Er kam nach Archangel. Wie schlug ihm bas
Herz, als bas weite Meer mit vielen hollänbischen Schiffen vor seinen
trunkenen Blicken balag. In ber Tracht eines hollänbischen Schiffers be¬
fuhr er selbst bie See unb munterte bie Hollänber auf, nur recht balb
wieber zu kommen. Als er zum zweiten Male in Archangel war, überfiel ihn
mitten auf betn Meere ein Sturm. Die Gefahr war so groß, baß alle
Schiffer beteten unb ihr Enbe erwarteten. Nur Peter war unerschrocken,
sah auf ben Steuermann unb wollte ihm Vorschriften geben, wie er lenken
müsse. Dieser aber war ungebulbig. „Geh' mir vom Leibe!" fuhr er ben
Czar an. „Ich muß wissen, wie man steuern soll; ich weiß bas besser als
Du!" unb wirklich brachte er auch bas Schiff glücklich an bas Ufer. Hier
aber fiel er vor betn Czar auf bie Kniee unb bat ihn wegen seiner Grob¬
heit um Verzeihung. „Hier ist nichts zu verzeihen," sagte Peter, hob ihn
auf unb küßte ihn breimal auf bie Stirn, „aber Dank bin ich bir schulbig, baß
bu uns gerettet hast. Auch für bie Antwort, bie bu mir gabst, banke ich bir!"
Solchen Mattn, sollte man glauben, müßten seine Unterthanen ver¬
göttert haben. Aber es gab ber Unzufriedenen genug, vorzüglich unter
ben Strelitzen, bie es ihm nicht vergeben konnten, baß er bie Potefchni
ihnen vorzog. Eines Abenbs war Peter in Preobraschenskoy bei seinem
Liebling Le Fort, ber ihn mit vielen Anbetn zu Gaste gelaben hatte. Eben
wollte man sich zur Tafel setzen, ba würbe bet Czar herausgerufen. Es
waren zwei Sttelitzen, bie ihn allein zu sprechen verlangten. Sie warfen
sich vor ihm niebet: unb sprachen, sie brächten ihm ihre Köpfe bar, bie
sie verwirkt hätten. Sie gehörten zu einer großen Verschwörung; ihr Ge¬
wissen triebe sie her, es ihm anzuzeigen. In bet nächsten Nacht wollten
bie Verschworenen Feuer anlegen, unb wenn bann ber Czar herbeieilte,
ihn im Gebränge ermorben. Jetzt säßen sie im Hause bes Staatsrathes
Sokownin versammelt. Es war gerabe 8 Uhr. Peter ließ bie Beiben
verwahren unb schickte einen schriftlichen Befehl an einen Hauptmann
feiner Garbe, gegen 11 Uhr bas bezeichnete Haus zu umgeben unb Alle,
die barinttett wären, gefangen zu nehmen. Dann ging er ruhig zur Ge-