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kriegerischer Mann das benachbarte Quito erobert und eine Tochter des
Königs von Quito geheirathet hatte. Dieses war freilich wider das Gesetz,
denn er hatte bereits eine Gemahlin. Von seiner ersten Frau hatte er einen
Sohn Huaskar, von seiner zweiten Frau einen jüngeren Atahualpa.
Nach des Vaters Willen sollten sich beide Söhne in die hinterlassenen
Länder theilen; aber das wollte Huaskar nicht, und so gährte das unglück¬
liche Reich in vollem Bürgerkriege. Atahualpa, dem das Heer seines Vaters
zu Gebote stand, hatte soeben seinen Stiefbruder gefangen bekommen und
alle übrigen Sprößlinge aus dem Geschlechte der Jnka's ermorden lassen.
Diesem Zwiespalt verdankte es Pizarro, daß man ihn so tief ein¬
dringen ließ, ohne ihm Widerstand entgegen zu setzen. Huaskar, sobald
er von den neuen Ankömmlingen gehört hatte, schickte sogleich hülfebittende
Gesandte an die Spanier. Atahualpa, dem dabei nicht wohl zu Muthe
war, schickte gleichfalls Boten an Pizarro und suchte durch reiche Geschenke
seine Freundschaft zu gewinnen. Dem Atahualpa ließ Pizarro sagen, er
sei geneigt, ihm beizustehen, nur müsse er ihn erst sprechen, denn er sei
der Abgesandte eines großen Königs und habe ihm wichtige Dinge zu er¬
öffnen. Er ging ihm auch gleich nach Kapamalka entgegen, einem
peruanischen Flecken, in welchem man einige seltsame steinerne Gebäude,
dem Anschein nach einen Sonnentempel und einen Palast, neben einander
fand. Pizarro verwandelte mit einiger Nachhülfe diese feste Steinmassen
in eine Verschanzung, ließ einen Graben davor ziehen und pflanzte seine
zwei Kanonen vor den Eingang hin.
2. Atahualpa gefangen (1532).
Pizarro hatte sich den Kortez zum Muster genommen; ihm in der
Gefangennehmung des Montezuma nachzuahmen, war sein heißester Wunsch,
und die vertrauensvolle Gutmüthigkeit des Inka machte ihm die Aus¬
führung leicht.
Auf Pizarro's freundschaftliche Einladung hatte der Inka ihm einen
Besuch versprochen und erschien auch wirklich mit einer Pracht und einem
so wohlgeordneten, feinbekleideten Hofstaat, daß die Spanier ihn nicht ohne
Bewunderung betrachten konnten. Auch was er sagte, war so verständig,
daß ein Menschenfreund große Freude über diese achtungswerthen Halb¬
wilden empfunden haben würde. Pizarro dagegen sah nur sein Gold und
wie hätte er den Atahualpa achten können, da dieser ein Heide war? Es
erfolgte jetzt eine der scheußlichsten Scenen, welche die Geschichte kennt.
Pizarro's Feldpater, Vincenz Valverde, trat hervor und hielt eine
seltsame Anrede in spanischer Sprache an den Inka, worin er ihm die
Geschichte von der Schöpfung, von dem Sündenfall, der Menschwerdung,
dem Leiden und der Auferstehung Christi, ferner von der Ernennung des
heiligen Petrus zum Statthalter Jesu Christi, vom Papste u. s. w. vor¬
erzählte und ihn dann aufforderte, sich dem christlichen Glauben, dem
Papst und dem König von Spanien zu unterwerfen. Darauf bedrohete
er ihn mit schrecklichen Strafen, wenn er sich weigern würde.