— 178 — 
durch Gottes gnädige Schickung das Herz des Soldaten, daß er alsbald sich änderte 
und aus einem grausamen ein freundliches Gemüt zu uns wendete. Er sah uns 
Kinder an, wie wir da um ihn herumstanden, und sagte: „Ei, das sind feine Bübel!" 
denn er war ein Nürnberger, und zum Vater sprach er: „Willst du mit den Kindern 
herauskommen, so gehe alsbald fort; denn die Kroaten werden über eine Stunde 
hereinkommen; so wirst du mit deinen Kindern schwerlich leben bleiben!" Indessen 
besinnt er sich und spricht: „Ja, ich habe aber noch keine Beute gemacht; ich will 
dich wohl hinausführen, aber ich muß erst Beute machen," und wollte wieder hin¬ 
weg gehen. Da fielen wir ihm zu Füßen und baten, er solle uns doch nur mitneh¬ 
men ; wir wollten gern, wenn er uns nach Gommern, zwei Meilen von Magdeburg 
gelegen, bringen würde, zweihundert Thaler geben. Aber er sagte, er müsse erst 
Beute haben, wir sollten nur an dem Orte bleiben, er wolle noch ein paar Häuser 
absuchen, bis er Beute habe, hernach uns holen, schwur und vermaß sich hoch, er 
wolle wiederkommen. Weil er nun so gar hart darauf bestand, daß er Beute haben 
müffe, so spricht unsere Magd, er solle mit in ihr Haus gehen, da sei eine Hucke mit 
Kleidern und Geld und anderen Sachen ihres Mannes, die wolle sie ihm geben, 
wenn er uns hinausführe. Der Vater bat auch die Magd, sie möge diese letzte Treue 
an uns thun und den Soldaten wiederbringen. So ging der Soldat mit der Magd 
davon. 
Wir hatten schon verzagt, daß sie würden wiederkommen können, befahlen uns 
Gott und krochen wieder unter das alte Dach. Da hörten wir erst, wie es in unserem 
Hause herging. Kisten und Kasten hörten wir aufschlagen, sahen auch durch die 
Ziegel, wie die armen Leute, unsere Nachbarn, gestoßen und gemartert wurden, und 
glaubten uns alle Stunden des Todes. In solcher Angst blieben wir eine gute halbe 
Stunde. 
Indessen war der Soldat mit der Magd eine sehr weite Straße durch drei 
oder vier Gassen in ihr Haus gegangen, und sie selbst hatte die obengedachte Hucke 
angefaßt und trug sie ihm. Er aber hatte unterwegs gefragt, wer wir doch seien. 
Da fährt das gute Weib heraus und fagt, daß mein Vater Oberstadtschreiber wäre. 
Im Herumgehen hat er unterschiedliche Male gesagt, sie solle ihn doch wieder in das 
Haus führen, wo die kleinen Bübel wären. Als nun die Magd mit ihm wieder in 
das Haus kam, was wir nimmermehr vermutet, steht der Soldat im Hofe, und ruft 
nach dem Boden zu: „Herr Oberstadtschreiber, kommt herunter!" Diese Worte 
waren dem Vater wie ein Messer, so ihm würde in den Leib gestoßen, indem er 
nicht aussinnen konnte, wer ihn doch kennete; er vermeinte endlich in der großen Angst, 
er sei verraten worden, sie hätten die Magd gemartert, daß sie gesagt, wo die Leute 
im Hause und wer sie seien. „Ach, daß es Gott erbarme!" sagte er mit Thränen, 
„ich bin verraten, nun werden wir gewiß an die rechte Angst gehen." Der Soldat 
aber rief fort, er solle bald kommen. Darauf gesegneten sich Vater und Mutter, 
vermeinten, wir würden entweder sterben oder doch eins von dem andern kommen, 
und gingen in großer Angst und Todesfurcht hinunter. Aber als wir hinunter in 
den Hof kamen, stand unser Soldat bei der Magd und empfing uns. Das ganze
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.