— 179 — 
Haus war voll Soldaten, Pferde und dergleichen. Etliche wollten auch stracks auf 
den Vater los, aber der Soldat nahm sich unser an, sagte, wir feien feine Ge¬ 
fangenen und ließ uns nicht antasten. Darauf ging die Mutter in die Stube und 
sah ihre Schaube, die nahm sie, und weil der Soldat sagte, wir sollten Brot mit 
ins Lager nehmen, es fei draußen wenig zu bekommen, nahm sie auch zwei Brote 
mit in einem Korbe. 
Also gingen wir um zehn Uhr ungefähr aus dem Haufe hinaus. Wir Kinder 
nahmen einander, Paar um Paar, bei den Händen und gingen auf des Vaters ernste 
Bedrohung geschwind vor den Eltern her und dem Soldaten nach. 
Unsere Anna, so die kleine Schwester Anna Magdalena wartete, trug sie auf 
dem Arme in ihrem Bettchen hinter uns her und gab neben unserer gewesenen Magd 
ein wenig acht auf uns Kinder, daß wir uns nicht etwa verspäteten oder von 
einander kämen. Endlich folgten Vater und Mutter. Damit der Vater desto besser 
fortkäme, gab der Soldat ihm feine Muskete, die er tragen mußte. Er sah in Wahr¬ 
heit einem Soldaten nicht gar unähnlich; denn unter dem Angesichte war er ganz 
schwarz von dem Schießen geworden, und wie er den Ofen, die Fenster und Thüren 
eingeschlagen, hatte er sich so garstig zugerichtet, hatte keinen Kragen um und ein 
braun ledern Wams und graue tuchene Hofen an und alte Stiefel. So ging er 
neben der Mutter und hat mich oftmals, wenn es an ein Gedränge kam, in den 
Gaffen durchgerissen wie ein Soldat und zur Mutter gesagt: „Frau, gehet fort!" 
wie man sonst zu jemand Fremdem sagen möcfite. Als wir nun durch ein paar Gaffen 
gegangen waren, sahen wir verschiedene Tote an einander liegen, mußten oft in 
großem Gedränge über die toten Körper hinwegfchreiten. Unter andern sahen wir 
auch einen Bauer oben aus dem Giebel herunterwerfen, welcher mit heißem Wasser 
verbrannt war und gewaltig rauchte. Ferner lag eine Magd auf der Gaffe, welche 
Fleisch in einem Handkorbe getragen und also erschossen war, und ein Hund stand 
dabei, welcher das Fleisch fraß. 
Der Soldat aber ging in ein Haus und wir ihm nach. Daselbst sagte er, er 
müsje uns Kindern etwas zu essen und zu trinken holen, denn es sei sehr weit in 
das'Lager, wir könnten sonst nicht ausdauem; stieg in die Esse und langte Würste 
und Speckseiten herab, ergriff einen bunten türkischen Teppich, band die Speckseiten 
und Würste darein und trug sie also hinaus. Unterdessen aßen wir Kinder von dem 
Brote, so wir mitgenommen. Es waren aber etliche zwanzig kleine Kinder in dem 
Hause, die liefen zu unserer Mutter, wollten auch Brot haben, und die Mutter teilte 
ihnen fast das halbe Brot aus. Der Soldat aber lief in den Keller und brachte in 
einem Eimer Bier herauf; da tranken wir und wurden erquickt; darnach gingen wir 
ein wenig weiter hinaus. 
Unterwegs begegnete ein Soldat der Mutter und riß ihr die Schaube von dem 
Leibe; ein anderer wollte die Kinderfrau, so die kleine Schwester Anna Magdalena 
trug, anpacken, aber unser Soldat nahm sich ihrer an; da ließ er sie wieder gehen. 
Wir sahen sehr viele Tote auf den Gaffen, welches ein schrecklicher Anblick war. End- 
lich half uns der liebe Gott durch die Pforte, da die Kroaten hereingeritten kamen 
12*
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.