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und immer neben uns niederhieben, auf den Wall; von dannen kamen wir rechtsum
und mußten den Wall Hinunterrutschen.
So gelangten wir endlich ins Lager zu des Soldaten Hütte, welcher eine Frau
hatte, die eine Nürnbergerin war. Dieselbe empfing uns nicht gar zu freundlich
und sagte zu ihrem Manne: „Was den Teufel bringst du? du bringst die Hütte voll
Kinder; ich dachte, du brächtest Beute!" Der Mann stillte sie mit den Worten, er
hätte die Bübel müssen herausführen, Gott würde ihm Beute bescheren, legte dann
seinen Teppich mit den Speckseiten in die Hütte. Darauf setzten wir uns und waren
froh, daß wir ein wenig Schutz und Sicherheit haben konnten. Die Soldatenfrau
gab sich endlich auch zufrieden. Sie kochte für die Offiziere des Regiments und
hatte viel zu schaffen mit dem Essen, da half ihr die Mutter anrichten, kochen und
braten und ging ihr zur Hand wie eine Magd.
Diese Nacht, ungefähr um elf Uhr, stand die ganze Stadt Magdeburg im Feuer,
und der Vater führte uns aus der Hütte, damit wir die Zeit unseres Lebens davon
sagen könnten. Es war im Lager, welches doch so weit von der Stadt gelegen,
alles von der großen Feuersglut so hell, daß man einen Brief dabei lesen konnte.
Des andern Tages, den 21. Mai, ging der Soldat mit feiner Frau in die
Stadt und holte Beute. Die Mutter mußte unterdessen das Kind des Soldaten
warten und das Essen besorgen, welches sie auch willig und gern that. Wir machten
die Hütte zu, und der Vater saß stets darinnen, damit man ihn nicht kennen mochte.
Er konnte aber durch das Glas der Hütte sehen, wie viele gute Freunde, Bekannte,
Bürger, auch Weibspersonen gefangen durch das Lager an Stricken geführt wurden.
Und hatten wir Gott fröhlich zu danken, daß wir noch so ledig gehen und bleiben
konnten. Sobald aber Bekannte aus der Stadt gesühret wurden, welche die Mutter
von ungefähr draußen vor der Hütte am Feuer sahen, war dieses das Allerärgste,
daß sie alsbald die Mutter auredeteu uud sagten: „Frau Stadtschreiber, seid ihr
auch heraus? Wie gehet es zu? Könnt ihr so herum gehen ? Ich muß mich ranzio-
nieren (freikaufen), aber ihr habt es gut." So gönnten uns die elenden Leute unser
Glück nicht und hätten mit ihren leichtfertigen Reden uns gar bald in großes Unglück
stürzen können.
Darnach kam ein Soldat an die Hütte, welcher unsern Soldaten sprechen wollte.
Der Vater hatte sich ein wenig auf das Soldatenbett gelegt, so ganz hinten stand;
die Mutter aber saß an der Hütte und weinte. Wie Kinder saßen nm sie herum
und hätten gern getrunken. Da erzählte der Soldat und wies, was er für Beute
bekommen, nämlich alle Finger voll Ringe mit trefflichen, schönen Steinen, welche
er ansah und sich darüber freute. Indem forderten wir Kinder zu trinken, die
Mutter hatte so viel nicht bei sich, eine Kanne Bier zu bezahlen, da gab der Soldat
ihr fast anderthalb Thaler, daß sie uns Kindern sollte Bier holen lassen. So mußten
unsere Feinde durch Gottes wunderbare Schickung Mittel geben, uns zu erhalten.
Hierbei erkannten wir, daß Gott diejenigen nicht verläßt, die auf ihn hoffen und
seiner Allmacht sestiglich vertrauen; dafür sei ihm Lob, Ehr und Dank gesagt!
Gegen Abend kamen der Soldat und feine Frau wieder und brachten treffliche