Full text: Vaterländische Geschichte der neuesten Zeit

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Die erste Forderung, die des Anteils am Regiment, entsprach 
der uralten Art der Deutschen. Der rechte Mann mußte auch 
ein freier Mann sein, der selbständig über sich mit beschließe. 
Die andere Forderung aber entsprach nicht alter Ueberlieferung. 
Immer nur hat äußerer Zwang und Druck ein Zusammen¬ 
schließen der Germanen veranlaßt. Das gilt schon von der 
Zeit, als sie unter Armin gegen die Römer kämpften. Sein 
Versuch, ein dauerndes, nationales Band zu schaffen, kostete 
ihm das Leben. 
Aehnlich ist es später in der Zeit der Völkerbünde und 
auch in der der Völkerwanderung gewesen. Und selbst das 
Frankenreich, welches doch nach diesen Bewegungen zur um¬ 
fassendsten Staatsbildung der Deutschen wurde, entwickelte sich 
nur deshalb so, weil es auf altrömischem Boden den Wert 
staatlichen Zusammenhaltens erkennen mußte. Es geschah dies 
aber doch auch nur, solange bestimmte große Aufgaben es 
wünschenswert machten. Nach ihrer Erledigung folgte daher 
auch fast regelmäßig die Teilung der Reiche, und zwar stets, als 
ob es sich um einen größeren Privatbesitz handelte, nach den will¬ 
kürlichsten Grundsätzen. Die ungewöhnliche Persönlichkeit eines 
Karls des Großen und der Beistand der Kirche, die diesen König 
„von Gottes Gnaden“ aus guten Gründen unterstützte und ihm 
die römische Kaiserkrone deutscher Nation aufsetzte, schufen 
indes ein Reich, das auch noch nach 843 in seinem östlichen 
deutschen Teile sich leidlich zusammenhielt und dann im wesent¬ 
lichen ununterbrochen etwa 1000 Jahre als das heilige römische 
Reich deutscher Nation bestanden hat. Im Grunde aber war 
dieser einheitliche Bestand ein so ungesicherter, daß die Ge¬ 
schichte vorzugsweise von dem zunehmenden Auseinanderfallen 
der Teile zu berichten hat. So namentlich auch, als die Habs¬ 
burger die Krone empfingen. Und sie trugen sie fast ausschlie߬ 
lich bis zur Auflösung des Reiches! Sie — und ebenso auch 
ihre Nebenbuhler — benutzten den Besitz wohl zur Ausbreitung 
ihrer Hausmacht, kümmerten sich aber herzlich wenig um das, 
was „da draußen im Reiche“ sich zutrüge. So wurde dieses ihnen 
fremd und fremder und damit der vollsten Auflösung auch 
vom Kaiser nicht mehr gewehrt. Unter Maximilian I. freilich, 
als so etwas wie Morgenluft durch alle Länder ging, besann 
man sich auf die Mittel, die das zerfallende Reich zusammen-
	        
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