1*28
sind Jedem die heiligsten Zeugen, ihr Lob gilt Allen als das
höchste. Nor die Mütter, vor die Frauen bringen sie ihre
Wunden, und diese scheuen sich nicht, sie zu zählen und zu
prüfen. Speise und ermunternden Zuspruch bringen |te ihnen
in den Kampf.
Man erzählt Beispiele, daß Schlachtreihen, schon zum
Rückzug geneigt und wankend, von den Weibern wiederher¬
gestellt worden, durch unablässiges Bitten, durch Vorhalten
der Brust und Hinweisen auf die nahe Gefangenschaft, die sie
weit empfindlicher fürchten, wenn sie ihre Frauen trifft: so
sehr, daß das Freundschaftsband mit den Gemeinden vorzüg¬
lich fest geknüpft erscheint, wenn sie unter den Geißeln auch
edle Jungfrauen stellen müssen. Ja, etwas Heiliges und Pro¬
phetisches, glauben sie, wohne in ihnen, und weder verschmähen
sie ihren Rath, noch übersehen sie ihre Aussprüche. Wir haben
unter Vespasianus die Veleda gesehen, die lange Zeit fast
allgemein für ein göttliches Wesen gehalten ward; doch auch
vor Alters schon haben sie die Aurinia und Andere verehrt,
nicht aus Schmeichelei unb nicht, als ob ]ie selbst sich Göt¬
tinnen machten.
Ueber minber wichtige Angelegenheiten rathschlagen bie
Fürsten, über bedeutendere Alle insgesammt, so jedoch, daß
auch über das, worüber die Entscheidung dem Volke zusteht,
eine Vorberathung bei den Fürsten stattfindet, feie treten,
falls nicht unerwartet etwas Besonderes vorfällt, an fest be¬
stimmten Tagen zusammen, bei Neumond oder Vollmond;
beim biese Zeit gilt ihnen als bie geeignetste für ben Beginn
eines Geschäftes. Nicht nach ber Zahl ber ^age, wie wir,
smtbern nach ber Zahl ber Nächte rechnen sie; so setzen sie
Fristen, so treffen sie Verabredungen: die Nacht scheint des
Tages Führerin. Das aber ist ein Fehler, der ans ihrer Frei¬
heit hervorgeht, daß sie nicht auf einmal und wie auf Befehl
zusammenkommen, sondern bei der Saumseligkeit der Kommen¬
den auch ber zweite unb wohl noch ber britte Tag hingeht.
Wie bte Menge sich zahlreich genug dünkt, laßt ste sich be-