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durch Rückschlüsse aus spätern Urkunden und Entwickelungs¬
formen, wenn aud; mit sd)wachen Fäden, zu verbinden.
Hof und Feldmark.
Waren auch Jagd und Krieg zu allen Zeiten die Haupt¬
beschäftigungen der freien Germanen, so wurde dod) der Acker-
b a u und die damit verbundene V i e h z u d) t keineswegs ver¬
nachlässigt. Dadurch ward dem unsteten Leben, das in der
Urzeit unsern Blicken entgegentritt, früh ein Ziel gesetzt. Der
beimische Heerd und der Landbau, der, am Boden wurzelnd,
den beweglichen Menschen bindet und keimend ein neues Leben
für ihn hervortreibt, war deut Deutschen nicht fremd. Schon
in den Zeiten des Tacitus hatten die Germanen feste Wohn¬
sitze; wenigstens versichert derselbe, daß sie sich abgesondert und
zerstreut angesiedelt hätten, „wie ein Quell, eine Flur, ein
Gehölz sie angezogen", und den König der Ansibarier, die, von
den (shaufcn vertrieben, die Römer um Wohnsitze baten, läßt
er sagen: ,,die Länder der Erde sind den Sterblichen wie die
Himmelsveste den Göttern verliehen; unwillig schaut die Sonne
auf öde steppen." Diese gewählte Stätte war das Eigenthum
des Besitzers; dort errichtete er seinen „Hof", seine Wohnung
und Wirthschaftsgebäude, in der Mitte des Guts, dort wies
er deu Gehülfen bei der Arbeit ihre Hufen und ihre Hütten
an und ordnete Lohn und Dienstleistung nach freiem Ermessen
oder gegenseitiger Uebereinkunft. Dort nahm er die Genossen,
die durch Verwandtschaft oder freiwilligen Anschluß zu seinem
„Geschlecht" gehörten, in seinen Bann auf. Es ist eine
schwierige Frage, wie mit diesen Verhältnissen die Angabe Eä-
sar's zu vereinigen sei, daß bei den Germanen das Eigen¬
tumsrecht- des Einzelnen an Grund und Boden beschränkt
gewesen, daß die Feldmark als gemeinsames Besitzthnm der
ganzen Gemeinde gegolten und regelmäßig eine durch die
Obrigkeit angeordnete Vertheilung der Aecker unter alle Ge-