Full text: Germanien in den ersten Jahrhunderten seines geschichtlichen Lebens

von Tacitus, daß eigene Leute verkauft wurden, und es sind 
Spuren vorhanden, daß in manchen Gegenden Deutschlands 
der Sclavenhandel in großem Umsang betrieben wurde. Der 
Uebergang in das mildere Verhältniß der Lassen hing von 
dem Willen des Gutsherren ab oder konnte durch Loskausung 
erlangt werden. Aus dieses Verhältniß gründet sich das spä¬ 
ter ausgebildete Feudal- oder Lehusweserr. Der Stand der 
niederen Freien, der kleinen Gutsherren, die Keinem pflichtig 
waren und Keinem geboten, ergänzte und mehrte sich aus den 
freigegebenen Leuten, die aber erst im dritten Geschlecht in den 
Genuß sämmtlicher Rechte eines Freien eintraten. 
Ansangs bestand unter den freien Eigenthümern keine 
Rechtsverschiedenheit. Wer sich im Besitz eines Allod, d. H. 
eines nach dem Rechte der Erstgeburt vererbbaren Grundeigen¬ 
thums, befeind, mochte es groß oder klein fein, trat in das volle 
Gemeinderecht ein. Aber die großen Gutsbesitzer, durch Weisel- 
heiratheu zu grundherrlichen Geschlechtern verbunden, erlangten 
bald in den öffentlichen Angelegenheiten größere Macht und 
Ehre, und wurden in der Regel zur Leitung des Gemeinwesens 
berusen. Und was der Vater gewonnen, ging naturgemäß auf 
den Sohn über, der dann bedacht war, die Erbschaft zu wahren 
und zu mehren und das Andenken an den gefeierten Vater 
stets in den Herzen des Volkes lebendig zu erhalten. „In¬ 
zwischen verlebte der kleine Eigenthümer in dunkler Hütte ein 
dunkles Leben, verloren in der Masse der Gaugenossen. In 
Arbeit und Sorge vergingen' seine Tage; stille Freuden und 
unbeachteter Jammer waren sein Loos. Der Rasenhügel, der 
seine Gebeine deckte, grünte im Verborgenen aus, und der Sohn 
kehrte von demselben mit seinem Schmerz in die Hütte des 
Vaters zurück, um aus gleiche Weise zu leben und zu sterben." 
Es war daher jeder gesellschaftlichen Entwickelung ge¬ 
mäß, daß die grundherrlichen Geschlechter, die Adelinge, 
mit der Zeit einen bevorrechteten Stand bildeten und als 
Adel oder Herrenstand über die Menge der niederen Freien 
wie der hörigen Leute weit emporragten. Der freigeborene
	        
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