Full text: Germanien in den ersten Jahrhunderten seines geschichtlichen Lebens

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Hingebung, der Treue und dem Waffenmuth, womit das ^Ge¬ 
leite" dem Heermeister anhing. Beute und Gewinn wurden 
brüderlich getheilt, aber dem Feldherrn das Beste als Ehren¬ 
geschenk verliehen. In dem Gesolgwesen machte sich ,,das 
frische Gefallen an sinnlicher Kraft, die wilde Lust an dem 
Getümmel des Erringens, das stolze Genießen des glänzend 
Errungenen" gellend. Was Anfangs nur ausnahmsweise statt¬ 
gefunden haben mochte, wurde in der Folge, als die kriegeri¬ 
schen Unternehmungen lieft mehrten, zur Regel. Lolche aus 
gegenseitige Treue gegründete, mit heiligen Gelöbnissen ge¬ 
schlossene und durck Liebe und begeisterte Anhänglichkeit an den 
gewählten Kriegsherrn geweihte Wasfenverbrüderungen galten 
für die innigste Vereinigung. Sie bestanden tut Frieden wie 
im Felde, in der Fremde wie in der Heimatb, und waren die 
„Schule des ritterlichen Kriegs und des persönlichen Aben¬ 
teuers". Die Volksgemeinden selbst benachbarter Völker suchten 
die Gunst angesehener Dienstherren durch freiwillige Gaben zu 
erlangen. Diesem Geleitswesen verdankten die germanischen 
Volksstämme ihre Eroberungen, ihren Kriegsruhm und ihre 
Waffenehre. Und dieser Ruhm ging dem deutschen Manne 
über jeden andern. 
Die von Tacitus erwähnten Wasfenspiele, wobei nackte 
Jünglinge vor dem versammelten Volke ihre Geschicklichkeit und 
Gewandtheit zeigten, bald mit dem Schwerte sich versuchend, 
bald im Sprunge die feindliche yramea gegen einander schwin¬ 
gend , hatten keinen andern Zweck, als sich den Beifall der 
Zuschauenden zu erwerben und durch Uebung Knust und Ein¬ 
stand zu gewinnen, und bei festlichen Mahlen feierten ]ie im 
Liebe die Thaten der Helden und den 'kithm der Vater. 
„ Aber der deutsche Gesang ist verklungen; die heiligen Eichen, 
die ihn hörten, sind gefällt; von den alten Felsen dev Vater¬ 
landes tönet kein Nachhall zurück. Nur in den Schriften der 
Feinde hat steh die Herrlichkeit der Ahnen erhalten." Hür den 
Verlust der heimischen Sage ist uns die Ehre als Trost geblie¬ 
ben, daß ein Römer von seiner Feinde Größe Zeugniß ablegt.
	        
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