Full text: Die Urzeit, Das Frankenreich unter den Merowingern und Karolingern (Theil 1)

Ruiturzustände des Frankenreichs unter Karl dem Großen. 
den Schutz der kleinen Freien gegen Bedrückungen durch die Großen 
gerichtet waren, läßt sich bei einer unbefangenen Betrachtung seiner 
verschiedenen Regierungshandlungen (wie solche streng ncitfi urkund¬ 
lichen Quellen oben geschildert sind) nicht wohl verkennen. 
Eine andere Frage aber ist: inwiefern die Zwecke, he Karl der 
Große sich vorgesetzt, wirklich erreicht wurden. Die Biographen des 
großen Kaisers lassen uns darüber im Dunkeln; sie sprechensast nur 
von seiner Person und seinen Kriegsthaten, kaum beiläufig einmal von 
seiner Regententhätigkeit und vollends nicht von deren Wirkungen. 
Von den Berichten, welche Karls Sendboten ihm erstattet haben 
werden, ist nichts aus uns gekommen, ausgenommen Andeutungen, wie 
etwa jene Schilderung des Zustandes der kleinen Freien, welche das 
Kapitulare von 811 enthält. Wir können uns daher zwar wohl (auf 
Grund der Kapitularien) von der Regententhätigkeit Karls, dieser nach 
allen Richtungen hin so vielseitigen und so tiefeingreifenden Thätigkeit, 
nur schwer aber davon ein Bild machen, wie sich unter ihm und durch 
ihn das Kulturleben seines Volkes thatsächlich gestaltet haben möge. 
Lediglich einige Rückschlüsse darauf aus eben jenen Anordnungen, 
die Karl traf, sind uns vergönnt. 
Was die rechtlichen Zustände betrifft, so kömmt wir uns nicht 
verhehlen, daß der Plan Karls, die, ebensosehr dem Throne wie dem 
Volke nachteilige, Machtsteigerung der großen Lehnsaristokratie in 
ihrem weiteren Fortschreiten aufzuhalten und in ihren Wirkungen zu 
mäßigen, nur teilweise gelang, und zwar mehr nach Seiten des Thrones, 
als des Volkes. Die Notlage der kleinen Freien, welcher Karl ab¬ 
helfen wollte, war nnd blieb im wesentlichen unverändert. Fast un¬ 
mittelbar nach Karls,Tode ließ sein Nachfolger eine iteite Untersuchung 
darüber anstellen. Und da (so erzählt dessen Biograph Thegan) 
„fanden die Sendboten des Königs eine unzählige Menge von Unter¬ 
drückten, fei es, daß ihnen das väterliche Erbe entzogen, oder die Frei¬ 
heit geraubt war, was ungerechte Diener, Grafen und Vicegrafen in 
schlechter Gesinnung zu thun pflegten." 
Daß die landwirtschaftlichen Zustände des Reichs durch 
Karls fürsorgliche Maßregeln mancherlei Förderung erfahren haben, 
ist nicht zu bezweifeln. Urkundliche Belege zeigen, daß die muster¬ 
hafte Bewirtschaftung seiner eigenen Güter, welche Karl einführte, 
wenigstens von einem Teile der Großen nachgeahmt ward. Anderer¬ 
seits kam die Parcellierung der Domänen und ähnliches den kleinen 
Leuten zu gute. Die vielen Vorschriften Karls für die Klöster, welche 
deren Insassen u. a. zu wirtschaftlicher Thätigkeit anwiesen, werden
	        
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