Full text: Lehrbuch der Weltgeschichte für höhere Schulen

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der Folgezeit der Wissenschaft große Dienste durch Aufbewahrung und 
Abschreiben der egten KlassW und durch Urbarmachung großer Lander¬ 
strecken. 
Konstantin verlegte seine Residenz nach Byzanz, das nach ihm den 
Namen Konstantinopel erhielt, teilte das Reich in vier Teile, Präfek¬ 
turen genannt, Orient, Jllyrien (wozu Griechenland und Maze¬ 
donien gehörten), Italien (mit den Donauländern) und Okzident 
(Gallien, Spanien und Britannien), und führte neue Regierungsformen 
und Würden ein. Das ganze Reich zerfiel in 113 Provinzen. Die Prä¬ 
torianer, die so oft die Ruhe des Reiches gestört hatten, wurde abgeschafft. 
Als Konstantin (65 Jahre alt) die Nähe des Todes sühlte, berief er den 
Bischof Eusebius von Cäsarea und empfing aus seinen Händen die Taufe 
(337). Ihm folgten seine drei unwürdigen Söhne: Konstantin II., 
Constantius II. und Consta ns, die sich in das Reich teilten. Nach¬ 
dem Konstantin und Constans umgekommen waren, regierte Constantius 
allein, von 353 bis zu seinem Tode, 361; doch machte ihm zuletzt sein 
Vetter Julia uns, ein Bruderssohn Konstantins des Großen, den das 
Heer zum Kaiser ausgerufen hatte, die Herrschaft streitig. 
2. Julianus „Apostata" (der Abtrünnige), um 361—363, war ein 
entschiedener Feind alles Prunkes und jeder Weichlichkeit und führte des¬ 
halb die kaiserliche Hofhaltung zur republikanischen Einfachheit zurück. 
Mangelhafte Kenntnis der christlichen Lehre, deren Wesen er infolgedessen 
nicht erfaßte, und eine aus dem Studium der neuplatonischen Philosophie 
geschöpfte übermäßige Begeisterung für die alten Einrichtungen Griechen¬ 
lands machten ihn zu einem Verächter des Christentums und führten ihn 
endlich offen zum Heidentum zurück. Obgleich er keine Verfolgung gegen 
seine früheren Glaubensgenossen verordnete, so ließ er doch dem Hasse und 
der Rachsucht der Heiden gegen sie vielfach freies Spiel; vor allem hoffte 
er das Christentum durch die Waffen des Spottes und der Verachtung 
vernichten zu können. Den Juden erlaubte er nicht nur den Wiederaufbau 
ihres Tempels zu Jerusalem, sondern unterstützte selbst das Unternehmen 
auf jede mögliche Weise. Erderschütteruugen und Flammenausbrüche aus 
deu alten Tempelgewölben vernichteten jedoch immer wieder, was auf¬ 
gerichtet worden, und das begonnene Werk mußte aufgegeben werden. So 
viel auch dem Kaiser in seinem Kampfe gegen das Christentum an äußerer 
Macht, Willenskraft und Geistesgaben zu Gebote stand, der Kampf blieb 
erfolglos und diente nur dazu, die weltüberwindende Macht des Christen¬ 
tums dem erstorbenen Heidentum gegenüber in ein glänzenderes Licht zu 
stellen. Nach einer zweijährigen kräftigen und äußerst tätigen Regierung 
siel Julianus, 32 Jahre alt, in einem Kriege gegen die Perser (363). 
Tödlich verwundet, soll er nach dem Berichte eines christlichen Schrift¬ 
stellers ausgerufen haben: Galiläer, du hast gesiegt! Sein Nachfolger 
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