72 Bürgerkunde.
II. Das Reichsheerwesen.
Mge- 1. Die allgemeine Wehrpflicht. „Jeder Deutsche ist wehrpflichtig und
5 kann sich in Ausübung dieser Pflicht nicht vertreten lassen." Bon der allge-
pflicht^ me|nen Militärpflicht sind solche Personen befreit, welche mit geistigen oder
körperlichen Gebrechen behaftet sind; ausgeschlossen von der Ehre, des Königs
Rock zu tragen, sind die mit Zuchthaus bestraften Verbrecher.
Die allgemeine Wehrpflicht dauert vom vollendeten 17. bis zum vollendeten
Dienst- 45. Lebensjahre. Sie zerfällt in die Dienstpflicht und die Landsturm-
pfilcht. Erstere beginnt im 20. Jahre mit der Anmeldung zur Stammrolle
und der Gestellung zur Musterung. Die zum Dienst ausgehobenen Mann-
schaften gehören 7 Jahre lang dem stehenden Heere an, und zwar die ersten
2 Jahre (bie reitenden Truppen 3 Jahre) bei der Fahne, die letzten 5 Jahre
bei der Reserve. Nach 7 Jahren treten alle zur Landwehr über. Diese
wird in 2 Aufgebote eingeteilt; die Dienstpflicht in der Landwehr ersten
Aufgebots dauert 5 Jahre (bei den reitenden Truppen 3 Jahre) und in der
Land- Landwehr zweiten Aufgebots bis zum 39. Lebensjahre. — Die Land-
fB" sturmpflicht besteht neben dem Heere und der Marine und umfaßt alle
Wehrpflichtigen vom 17. bis zum vollendeten 45. Lebensjahre, auch wenn sie
nicht Soldaten gewesen sind, soweit sie nicht schon dem Heere oder der Marine
.Ein- angehören. — Jeder Deutsche kann auch das Recht erwerben, nur ein
'frei9' Jahr bei der Fahne zu dienen. Dazu sind der Besuch einer höhern Schule
D?enft.' oder hervorragende Leistungen in Kunst, Wissenschaft oder Technik erforder-
(ich. Die Einjährig-Freiwilligen können sich den Truppenteil selbst
wählen und haben sich während der Dienstzeit selbst zu bekleiden, auszurüsten
und zu verpflegen. Aus der Reihe dieser Einjährig-Freiwilligen werden Ge-
eignete zu Offizieren der Reserve und Landwehr ernannt.
_ Der Bedeutung der allgemeinen Wehrpflicht. Durch die allgemeine
3°tanb"= Wehrpflicht ist bas Heer zum Volksheer geworden, dessen vornehmste Auf-
Schule gäbe darin besteht, das Vaterland im Falle kriegerischer Verwicklung zu
schützen. Das Heer bildet aber zugleich auch eine vorzügliche Schule für
die heranwachsenden jungen Leute. Die fortgesetzten Übungen im Turnen,
Reiten, Fechten, Schwimmen, Marschieren und viele andre stählen den jugend-
lichen Körper und erzielen nach und nach eine erstaunliche Widerstandsfähig-
feit. Zugleich lernt der Soldat durch Körperpflege, Reinlichkeit und Abhärtung
Wert auf feine Gesundheit legen. Aber auch der innere Mensch wird er-
zogen. Der strenge Dienst bringt vielfache Gelegenheit zur Selbstüberwindung,
zur Gewöhnung an Gehorsam und Ordnung und zur treuen Ausübung von
Pflichten.
Das 2. Gliederung des Heeres. Die Friedensstärke des aktiven deutschen
^'Heeres beträgt für 1911/12 = 626418 Truppen, die Kriegsstärke 5| Mill.
Streiter.