Full text: Lehrbuch der Weltgeschichte für höhere Schulen

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eingeladen. Der Herzog von Burgund war der Einladung gefolgt; es 
gelang sogar, den König gefangen zu nehmen und ihn zu neuen Zu¬ 
geständnissen zu zwingen. Da Ludwig die in Peronne eingegangenen Ver¬ 
pflichtungen unerfüllt ließ, schloß Karl ein Bündnis mit seinem Schwager, 
Eduard IV. von England, und dem Connetable von Saint-Pol (einem 
Sprößling des luxemburgischen Hauses und Schwager Ludwigs) zur Ent¬ 
thronung seines Gegners (1474); das Unternehmen schlug jedoch fehl, 
weil Eduard die Verschiebung des Krieges bis zum folgenden Jahre ge¬ 
fordert und Karl in der Zwischenzeit seine Kräfte in anderweitigen Unter¬ 
nehmungen zersplittert hatte. Eduard landete im Juli 1475 zu Calais 
mit einem wohlausgerüsteten Heere, schloß aber, da er sich auf seine eigene 
Kraft angewiesen-sah, mit Ludwig den Frieden von Pequigny, in 
welchem er gegen eine ansehnliche Summe sein Heer nach England zurück¬ 
zuführen versprach. Karl mußte einen Waffenstillstand eingehen, der Conne¬ 
table aber wurde zu Paris enthauptet. 
2. Karl der Kühne im Kampfe gegen den Herzog Renatus II. 
von Lothringen und die Schweizer. Herzog Siegmuud von Österreich 
hatte an Karl den Kühnen (1467—1477) mehrere seiner Besitzungen im 
Elsaß und in der westlichen Schweiz gegen ein Darlehen von 80000 Gulden 
verpfändet. Über diese Länder hatte Karl den stolzen Ritter Hagenbach 
znm Vogte eingesetzt, der durch Übermut und Härte das Volk gegen die 
burgundische Herrschaft aufbrachte. Im Vertrauen auf ein mit Siegmund 
und Ludwig XI. geschlossenes Bündnis nahmen die Schweizer den Ritter 
Hagenbach gefangen und ließen ihn mit Zustimmung Siegmunds zu Breisach 
hinrichten. Karl schwur den Mördern seines treuen Dieners blutige Rache. 
Nachdem er in raschem Siegeslaufe Lothringen erobert hatte, dessen Herzog 
Renatus II. mit Ludwig XI. gegen ihn irrt Bunde gestanden, brach er 
im Januar 1476 von Besan^on gegen die Schweiz auf. Bei Grauson 
kam es im März zur entscheidenden Schlacht, und das große, wohlgerüstete 
Heer des siegesgewissen Herzogs von Burgund wurde zersprengt. Nach 
einigen Monaten erschien Karl wieder mit gewaltiger Kriegsmacht in der 
Schweiz; doch der blutige Tag von Murten (Juni 1476) vernichtete 
seine Hoffnungen: er erlitt eine zweite, noch vollständigere Niederlage und 
entkam nur mit wenigen Rittern. Unterdessen hatte Renatus II. von 
Lothringen mit Hilfe Frankreichs den größten Teil seines Landes wieder¬ 
erobert und belagerte Nancy. Karl eilte zum Entsätze der Stadt herbei; 
er erlitt jedoch, hauptsächlich durch den Verrat des italienischen Grafen 
Campobafso, eine neue Niederlage und fand auf der Flucht nicht weit 
von der Stadt den Tod (Januar 1477). 
3. Ludwig XI. und Maximilian von Österreich. Nach dem Tode 
Karls des Kühnen zog Ludwig XI. Burgund als erledigtes Lehen ein
	        
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