I.
Belle Alliance.
(v. Treitschke, Deutsche Geschichte im 1L. Jahrhundert. Band I. 6. Auflage.
Leipzig. Hirzel 1897. Seite 752 — 763.)
So verworren und unfertig die Doppelschlacht am 16. Juni ver¬
laufen mar, ebenso einfach großartig gestaltete sich der Gang der
Ereignisse am 18. Wellington hatte mit Kennerblick eine feste defen¬
sive Stellung gewählt, wie er sie von Spanien her liebte. Sein Heer
hielt auf einem langgestreckten niederen Höhenzuge, der von Westen
nach Osten streichend, etwa in der Mitte, bei dem Dorfe Mont
St. Jean von der wohlgepflasterten Brüsseler Landstraße senkrecht
durchschnitten wird. Auf diesem engen Raume von kaum 5000 Schritt
Länge standen die Truppen dicht zusammengedrängt, mehr als 30,000
Deutsche, 24,000 Engländer, über 13,000 Niederländer, zusammen
68,000 Mann, auf der Rechten Lord Hill, im Centrum der Prinz
von Dramen, auf dem linken Flügel General Picton. Ein tief ein¬
geschnittener, von Hecken eingefaßter Qnerweg lief die Front entlang.
Im Rücken des Heeres fiel der Boden sanft ab, so daß die Mehr¬
zahl der Regimenter dem anrückenden Feinde verborgen blieb; weiter
nördlich lag an der Landstraße der lichte, von zahlreichen Wegen
durchzogene Wald von Soignes, der für den Falk des Rückzugs eine
gute Deckung bot. Der Herzog blieb während vieler Stunden im
Centrum bei Mont St. Jean; hier unter einer Ulme, auf einer Boden¬
welle neben der Landstraße konnte er fast die ganze Aufstellung über¬
blicken und nach feiner Gewohnheit Alles unmittelbar leiten. Einige
hundert Schritt vor der Front lagen wie die Vorwerke einer Festung
drei stark besetzte Positionen: vor der Rechten das Schloß Goumont
inmitten der alten Bäume seines Parkes, von hohen Mauern um¬
schlossen; vor dem Centrum an der Landstraße das Gehöfte La Haye
Müller, Geschichtliches Lesebuch. -i