Einleitung; Wesen der Heroen, Heroenkultus.
211
auf eine strenge chronologische Rechnung ankommen, und es ge¬
nügt vollkommen, die drei großen Hauptabschnitte zu unterscheiden,
in welche die Sagengeschichte sich gleichsam von selbst zerlegt.
Den ersten Hauptabschnitt können wir als den der Urwelt,
der Menschenschöpfung und der frühesten Erlebnisse der Mensch¬
heit oder einzelner Stämme bezeichnen. Es ist das die Zeit, in
der Prometheus die ersten Menschen aus Thon formte, die Zeit,
wo die früheste Menschheit, von großen Naturkatastrophen heim¬
gesucht, in der ogygischen und inachischen Flut bis auf wenige
Repräsentanten zugrunde ging, von denen ein neues Zeitalter
und Menschengeschlecht abstammte, die Zeit endlich, in der die
einzelnen Stämme sich unter ihren eigenen Herrschern und Stamm¬
fürsten fest ansiedelten und ihr selbständiges nationales Leben
begannen.
Der zweite Hauptabschnitt umfaßt die Zeit der älteren eigent¬
lichen Heroen, die Zeiten des Herakles und Theseus, des Minos,
Pelops, Perseus und Bellerophon, die Zeiten, in denen die ersten
großen Abeuteuer und Kriegszüge von vielen miteinander ver¬
bundenen Helden unternommen wurden, Abenteuer, wie die Jagd
des kanonischen Ebers, und Kriegsfahrten, wie der Zug der
Argonauten nach Kolchis.
Der dritte Hauptabschnitt endlich, dessen Thaten und Be¬
gebenheiten bereits wirkliche geschichtliche Überlieferung zum Grunde
liegt, mag diese auch noch so sehr sagenhaft eingekleidet und aus¬
geschmückt sein, umfaßt die Zeiten der jüngeren Heroen, die meistens
schon nicht mehr die direkten Abkommen von Göttern, sondern
die Nachkommen der ursprünglichen Göttersöhne waren, die Zeiten
der beiden großen Kriege gegen Theben und Troja und der Be¬
gebenheiten, welche sich an die Eroberung Trojas unmittelbar
anschlössen.
Wir wollen es versuchen, Ihnen die wichtigsten und schön¬
sten Heroengeschichten nach Maßgabe der drei eben bezeichneten
Hauptabschnitte mitzuteilen.