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b) die Reichsritter wurden von den Fürsten im Verein mit
den Städten niedergeworfen [64],
c) die Reichsritter kämpften weiter für die nationale
Idee als Führer der Bauernschaft [68].
3. Der Adelsstand geriet im allgemeinen in den Hintergrund:
er mußte seine Vorrechte im großen und ganzen der öffent¬
lichen Gewalt des Fürsten unterordnen [111].
550. In welcher Weise veränderte der Verlust der militärischen, politischen
und wirtschaftlichen Bedeutung des Adels [I, 518] dessen
Stellung zu den übrigen Ständen?
1. Er bewirkte die Bedrückung und Aussaugung des
Bauernstandes:
a) der Grundherr übte die niedere Gerichtsbarkeit
aus: seine Rechtsentscheidungen wurden Machtsprüche,
b) der Grundherr wälzte alle ihm obliegenden Pflich¬
ten auf den Bauern ab: die bestehenden Fronen
wurden nicht unwesentlich vermehrt,
c) der Grundherr riß Eigentum und R ec h t e der Bauern
an sich: „Herrenfall“, „Mannfall“ [I, 121], „Besthaupt“
und „Buteil“ [I, 352] wurden gefordert — Wald, Wild,
Weide, Wasser wurden ihm in der Nutzung vor¬
enthalten.
2. Er führte zum „R a u b“ rittertume gegenüber den Bürgern:
a) der Adlige darbte aus Standesstolz in ohn¬
mächtiger Wut: der Bürger hatte Geld und Lebens¬
genuß in reicher Fülle,
b) der Adlige erklärte dem Städter den Krieg: im Kriegs¬
zustände war das Rauben erlaubt (in diesem Sinne
„Raub“ritter, nicht Wegelagerer im gewöhnlichen Sinne
des Wortes).
3. Er veranlaßte das Verlangen nach dem Besitze geist¬
licher Güter: adlige Nachbarn gerieten dabei durch das
Geltendmachen vermeintlicher Vorrechte in end¬
lose Fehden.
551. Inwiefern schloß sich der Adel gerade als verfallender Stand immer
mehr ab?
1. Die materielle Seite des Rittertums war völlig in
Verfall geraten:
a) die höfische Bildung war geschwunden,
b) die ritterliche Lebensart war verroht,
c) die feinere Lebenshaltung war grobsinn¬
licher, derber Genußsucht gewichen.
2. Die formale Seite des Rittertums wurde umso eifriger
pepflegt:
a) der Stammbaum wurde sorgfältig ausgebildet,