Das Raubritterwesen. 265 
übte. Diese wollte aber nicht ohne Kampf ihre Ansprüche auf bevorzugte 
Stellung aufgeben und versuchte mit Gewalt das Aufkommen des Bürger¬ 
tums zu hindern. Daher kamen die zahlreichen Fehden Zwischen Rittern 
und Städten. 
Das rechte Mittel, um sich von dem aufstrebenden Bürgertume nicht 
überflügeln zu lassen, wandte der Ritter nicht an und durfte es nach seinen 
Begriffen von Ehre nicht anwenden. Wie arm auch ein Edler war, sein 
Stand erlaubte ihm nicht, in einem bürgerlichen Gewerbe seinen Unterhalt 
zu suchen oder mit den bürgerlichen Gelehrten zu wetteifern, die als Räte 
der Fürsten bald hochangesehene Personen wurden. 
Statt dessen wurden die Ritter Räuber, als ob sie aufs neue das Wort 
des Taeitus hätten bewahrheiten wollen, der von den alten Deutschen schreibt: 
„Es dünkt sie Trägheit und Schlaffheit, durch Schweiß zu erwerben, was 
durch Blut erworben werden kann." Und fo wenig fühlte der ritterliche 
Räuber das Schändende seines Lebenswandels, daß in ritterlichen Kreisen 
das Sprichlein üblich wurde: 
Reiten und Rauben ist keine Schande, 
Das thun die Besten im Lande; 
und Sebastian Münster sagt in seiner Kosmographie von den Rittern: 
„Sie ghan nit zu Fuß, dann sie meinten, es were ihnen ohnehrlich und 
eine Urkunde der Dürftigkeit; aber rauben, wann sie not anghat, scheuen 
sich ire ein teil nit, befnnder nachdem der Turnier in ein abgang kommen ist." 
Schon zur Zeit Heinrich IV. war der ganze Harz mit einem Kranze 
von Raubburgen umgeben, von welchen aus die weitesten Streifzüge in 
das umliegende Land unternommen wurden. Täglich machten, wie der 
Geschichtschreiber Lambert von Aschaffenburg berichtet, die Burgleute Aus¬ 
fälle, plünderten und legten Tribut auf; unter dem Vorwande, den Zehnten 
zu erheben, führten sie oft ganze Herden hinweg. 
Der eigentliche Keim zu dem Übel des Raubrittertums ward aber in 
den Tagen des größten Glanzes der deutschen Nation und zwar durch keine 
Geringeren, als durch die hohenstaufischeu Kaiser selbst gelegt. Seit Hein¬ 
rich IV. im Jahre 1085 einen sogenannten Landfrieden erlassen hatte, war 
das Raub- und Fehdewefen nur noch in immer höherem Grade ausgebildet 
worden. Als dann die Hohenstaufen, und zwar Friedrich 1. durch ein Edikt 
von 1188, Friedrich II. durch den Landfrieden von 1235, dem Unwesen 
Schranken setzen wollten, dienten diese Erlasse nur dazu, das Recht der 
Selbsthilfe des Adels zu begründen und zu befestigen. Eine ehrliche Fehde 
war ja nach diesen Erlassen erlaubt, d. i. eine solche, die in vorgeschriebener 
Weise dem zu Befehdenden angesagt war. 
Je lauer der Vasallenpflicht genügt wurde, desto rücksichtsloser trat die 
Anwendung des Fehderechts hervor. Schon seit dem 12. Jahrhundert hatten 
die Ritter angefangen, ihren Lehnsherren, welche Heeresfolge von ihnen
	        
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