488 Heilkunde und Krankenpflege im Mittelalter. 
besonderes Gefängnis für Geisteskranke. Die im Mittelalter, besonders in 
Süddentschland erwähnten Narrenhäuser waren keineswegs Irrenanstalten, 
sondern es ist damit eine besondere Art von polizeilichen Gefängnissen ge¬ 
meint. Es war nämlich gebräuchlich, Nachtschwärmer, Ruhestörer und an¬ 
dere polizeilich straffällig gewordene Leute in ein durchsichtiges, aus Gittern 
gebildetes Gefängnis zu sperren, damit sie dem Spotte des Pöbels preis¬ 
gegeben seien. Diese Gefängnisse nannte man Narrachmtser, weil die Leute 
in ihnen genarrt, d. i. verspottet wurden. 
Die Verpflegung und Bewachung von Geisteskranken durch ihre Ange¬ 
hörigen wurde als selbstverständlich angesehen; ward beides nicht in genü¬ 
gender Weise geleistet, so waren die Angehörigen für den daraus ent¬ 
stehenden Schaden verantwortlich. Die Angehörigen eines Irrsinnigen 
mußten diesen förmlich gefangen halten, außer weint der Grad der Zer¬ 
rüttung ein nur geringer war. Sie ließen zu jenem Zweck entweder einen 
Teil ihres Hauses gefängnisartig absondern, oder sie ersuchten den Rat, 
ihren Angehörigen in ein öffentliches Gefängnis aufzunehmen. In den 
städtischen Gefängnissen mußten die Angehörigen, wenn sie nicht selbst mittel¬ 
los waren, für die Verpflegung des Ihrigen felbst Sorge tragen. 
Von ärztlicher Behandlung der Geisteskranken ist im Mittelalter keine 
Rede, und mit in betreff der Genesung eines Geisteskranken sicher zu sein, 
wußte man keinen andern Maßstab anzulegen, als die versuchsweise Frei¬ 
lassung desselben auf etliche Tage. 
z 
Druck von C. Grumbach in Leipzig.
	        
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