82 Die ersten städtischen Ansiedelungen in Deutschland.
nähme zerstört. Schon im Jahre 355, also 20 Jahre vor Beginn der
Völkerwanderung, wurde die ganze Strecke von Köln bis Koblenz von den
Franken auf das furchtbarste verheert. Über 40 rheinische Städte sollen
damals fast ganz vernichtet worden sein. Zehn Monate lang hausten die
Franken in Köln. Sie rissen die Türme, die Thore und die Mauern
nieder und plünderten die Einwohner. Julian, der nachmalige Kaiser, kam
mit einem großen Heere herbei und entriß die Stadt noch einmal den Zer¬
störern. Aber nicht lange dauerte die römische Herrschaft am Niederrhein.
Die Franken und andere mit diesen verbündete Völker überschwemmten von
neuem die kümmerlich wieder hergestellten Städte.
Fast schlimmer noch stand es in Obergermanien. Schon im 3. Jahr¬
hundert hatten die Alemannen den Rhein überschritten und die Römer aus
ihren Festen herausgetrieben. Im 4. Jahrhundert erschütterten die mächti¬
gen Stöße der Franken, die sich in der Lahn- und Maiugegend festzusetzen
strebten, die römischen Bollwerke in Obergermanien. Mainz wurde einge¬
nommen, seine Mauern wurden gebrochen, die Besatzung wurde niederge¬
macht. Dennoch fristete die Festung ein kümmerliches Dasein bis zum Ende
des Jahres 406. Da kamen Vandalen und Alanen von der Donau her
und zerstörten Mainz, sowie Worms, Speier, Straßburg zc. von Grund aus.
Viele Tausende der geängstigten Einwohner flüchteten sich in die Haupt¬
kirche zu Bischof Ruthard, aber auch der Altar schützte nicht vor dem
Schwerte der Barbaren: mit dem Hirten zugleich ward die zitternde Herde
erschlagen. Von den Leichen und Trümmern hinweg zog dann die Rächer¬
schar weiter nach Westen und verwüstete alles Land bis tief nach Gallien
hinein. Ihnen nach, das Verheerte nochmals verheerend zogen die Fran¬
ken. Und was sich irgendwo neu bilden wollte, das zerstörte Attila auf
seinem surchtbareu Raubzuge den Rhein hinab. Wälder erstanden wieder,
wo der Pflug gegangen war, der Weinstock verwilderte in den römischen
Gärten, und das Gesträuch wuchs in die Trümmer der Städte hinein.
Nicht besser erging es den Römerstädten an der Donan. Hernler,
Rngier, Hermunduren, Alemannen und Goten durchstürmten Rhätien und
Noricum, untereinander oder mit den Römern im Kampfe. Überall zer¬
störten die Germanen die ihnen verhaßten Städte, und was sie übrig ließen,
verwüsteten die Hunnen. Am Ende soll Odoaker den Rest der römischen
Bevölkerung aus den Donaugegenden abberufen haben, als der Krieg mit
den Ostgoten ausbrach.
Aber auch die Wut der Zerstörung erschöpft sich. Die Germanen
waren durch die Völkerwanderung selbst auf eine weitere Entwickelungsstufe
vorgeschoben worden. Im langen Lagerleben hatten sie gelernt auch in der
Beschränkung und dicht neben einander zu existieren, nach langem Blutver¬
gießen wußten sie einen sichern Platz besser zu schätzen, als früher, und so
manche Bequemlichkeiten, so manche Genüsse hatten sie von den Römern entlehnt,
daß sie es sich endlich wohl gefallen ließen, als ihre Heerkönige sie in die
Ruinen der Römerstädte einführten. Wie Wallia in Tolofa, Geiserich in