Full text: Griechische Geschichte

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Tod des Ttjernmettcy. 
des unbequemen Mahners zu entledigen. Sein bisheriger Freund Kritias, 
jetzt der wildeste und trotzigste unter den Dreißigen, klagte ihn vor dem 
Senate an, daß er ans das Verderben derer ausgehe, welche die alte, von 
den Lacedämoniern nicht mehr geduldete Demokratie in eine zeitgemäße 
Oligarchie, das heißt die Herrschaft weniger, umwandeln wollten. Immer 
tadle er die getroffenen Maßregeln, immer sei er voran diejenigen in 
Schutz zu nehmen, welche man als Stützen und Verfechter der alten 
Demokratie aus dem Wege räumen wolle. Und doch habe er selbst an 
dem Vertrag mit Lacedämon mitgearbeitet, selbst auch die Volksherrschast 
bekämpft und die ersten Todesurteile eifrig betrieben. Er sei ein Ver¬ 
räter und verdiene zu sterben. Theramenes erwiderte: erst, seitdem man 
Unschuldige hinrichte, sei er als Gegner der Oligarchie aufgetreten, weil 
er eingesehen habe, daß solche Ungerechtigkeit und Grausamkeit den neuen 
Lenkern des athenischen Gemeinwesens durch deu allgemeinen Haß, den sie 
erwecke, verderblich sein müsse. Er habe gegen alle Maßregeln gestimmt, 
durch welche wackere Männer zur Flucht aus der Stadt genötigt worden 
seien und durch welche, wie durch die Entwaffnung, man das Volk er¬ 
bittert habe. Dies sei kein Verrat; wohl aber könne man das Verrat 
nennen, wenn andere ihres Eigentums beraubt und Unschuldige hingerich¬ 
tet würden: wer das thue, verrate seine Freunde und am Ende sich selbst; 
denn er treibe alle, denen es möglich sei, an sich der feindlichen Partei 
anzuschließen und so diese zu verstärken. Man solle ihm übrigens be¬ 
weisen, wo und wie er mit den Feinden der bestehenden Ordnung sich 
eingelassen habe: wenn man das könne, sei er bereit als Verbrecher zu 
sterben. Das Durcheinanderreden und Getöse, das nach dieser Selbstver¬ 
teidigung in der Senatsversammlnng entstand, schien so günstig für The- 
ramenes zu seilt, daß Kritias im Falle einer Abstimmung die Freispre¬ 
chung des Angeklagten voraussah. Er hatte aber auch für diesen Fall 
schon Vorsorge getroffen: eine Anzahl junger Männer, die insgeheim mit 
Dolchen bewaffnet waren, harrte draußen seiner Befehle. Diese ließ er 
mit ihren Dolchen vor die Schranken treten, innerhalb derer die Senats¬ 
sitzung gehalten wurde, uud sagte, als ein wohlmeinender Vorsteher glaube 
er den Irrtum, den seine Frennde augenblicklich zu begehen im Begriffe seien, 
abwenden zu müssen; auch erklärten sich diese Jünglinge dahin, daß sie die 
Lossprechung des Theramenes nicht dnlden wollten. Da aber Theramenes als 
einer der dreitausend eingezeichneten Bürger nur nach einer Verurteilung 
durch den Senat hingerichtet werden dürfe, — erklärte Kritias — so werde 
hiemit sein Name mit Zustimmung aller Senatoren aus dem Verzeichnisse
	        
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