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Tod des Epaminondas.
der Held, ob sein Schild gerettet sei; und da man ihm denselben zeigte, fragte
er weiter, welcher Teil Sieger sei. „Die Thebaner" antwortete man ihm.
„Nun so ists Zeit zn sterben" sprach er, befahl das Eisen heranzuziehen und
verschied unter den lauten Klagen der ©einigen mit völliger Seelenruhe.
Das war die Schlacht bei Mantinea, im Juni des Jahres 362
vor Christo, in der Epaminondas fiel, zwei Jahre nach dem Tode seines
Freundes Pelopidas. Die Bedeutung des einen Mannes konnte man auch
daran erkennen, daß Lacedämonier, Athener und Mautineer nachmals be¬
haupteten, es sei ein 33knn ihres Volks gewesen, welcher dem großen
Feldherrn die tödliche Wunde beigebracht habe. Die Athener nannten
Gryllus, Xenophons Sohn, als denjenigen, welchem das Verdienst dieser
That zukomme, und ehrten ihn, nachdem er selbst in dieser Schlacht ge¬
fallen war, durch ein Wandgemälde in Athen, auf welchem er eben in dem
Augenblicke dargestellt war, in dem er dem Epaminondas die Todeswunde
beibringt. Tenophon, sein Vater, uneins mit der Vaterstadt und den
spartanischen Sitten mehr zugeneigt, dazu auch mit Agesilans befreundet,
hatte sich zu Skillus im Lande Elis niedergelassen und von hier aus seine
beiden Söhne, Gryllus und Diodorus, zur Teilnahme am Feldzug nach
Athen geschickt, als er vernahm, daß seine Mitbürger in Gemeinschaft mit
den Sacebämoitiern den Krieg führen würden. Als nun — so erzählen
mehrere griechische Schriftsteller — nach der Schlacht Xenopljon, auf seiner
Besitzung zu Skillus eben mit einem Opfer beschäftigt und nach dem
Brauche bekränzt, durch einen Boten unterbrochen wurde, der ihm meldete,
daß sein Sohn Gryllus bei Mantinea gefallen sei, nahm er bei dieser
Nachricht den Kranz vom Haupte und fragte, wie Gryllus sich im Kampfe
gehalten habe; und auf die Antwort, daß er siegreich gefallen sei, setzte
er den Kranz wieder auf und fuhr in dem begonnenen Opfer fort. Denn
beide Teile schrieben sich den Sieg zu: die Böotier, weil sie den Kern
des feindlichen Heeres, die lacedämonische Macht, durchbrochen und zum
Weichen gebracht, die Athener, weil sie eine Truppenabteilung des Epa¬
minondas ganz aufgerieben hatten. Eben weil der Sieg unentschieden
war und die Fortsetzung des Kampfes nur die allgemeine Erschöpfung ver¬
mehren konnte, erwachte und belebte sich in den streitenden Parteien zu¬
gleich das Verlangen nach Frieden. Die Thebaner hatten einen Feldherrn
verloren, dessen Tapferkeit, Geistesgröße und Vaterlandsliebe allein ver¬
mocht hätte ihren Staat auf der Höhe zu erhalten, auf die er nur eben
durch diesen großen Mann und seinen im Tode ihm vorangegangenen
Freund gelangt war. Denn Epaminondas war in einer Zeit, wo namentlich